Reges Treiben, leckere Düfte und farbenprächtige Früchte allerorten auf der großen Fruchtmesse in Berlin. Dazwischen meist Männer, die offenbar wichtigen Geschäften nachgehen. Auch auf Widersprüche stößt man schnell, wenn einen der Weg durch die „Bio-Halle“ zu zwei großen Ständen führt, die von den Chemieriesen Bayer und Syngenta betrieben werden. Widersprüchlich auch die Werbung „Premium nachhaltig“, mit der sich Ecuador, das Partnerland der diesjährigen Fruit Logistica, selbst bewarb. Als wichtigster Exporteur von Bananen auf dem Weltmarkt war die gelbe Frucht in Ausstellung und auf Veranstaltungen stets präsent. Unerwähnt blieb allerdings, dass aktuell viele kleinbäuerliche Produzent*innen angesichts des globalen Preiskampfes aus dem Markt gedrängt werden und die Internationale Arbeitsorganisation ILO mehrfach auf gravierende Arbeitsrechtsverletzungen in Ecuadors Bananensektor hingewiesen hat.

Als „Werbung ohne Überzeugungskraft“ charakterisierte die Tageszeitung El Expreso die Selbstdarstellung des südamerikanischen Landes, denn es gebe eine Reihe an anhängigen Themen und Problemen, die von der Regierung nicht angegangen würden. In der Tat. Gemäß der ecuadorianischen Statistikbehörde INEC ist die Zahl kleiner Bananenproduzenten und klassischer Familienbetriebe (Produzenten, die weniger als fünf Hektar Land betreiben) zurückgegangen: von 42.167 in 2015 auf 16.600 in 2018. Das ergibt eine Analyse des Instituto de Estudios Ecuatorianos für Oxfam.

Verdrängung von Familienbetrieben

Die Familienbetriebe schaffen mehr Arbeitsplätze als die großen Plantagen und bieten bessere Chancen für eine ökologisch nachhaltige Produktion. Dennoch werden mehr und mehr Familienbetriebe verdrängt: Mehr als 25.000 Familienbetriebe erlagen allein in den vergangenen vier Jahren einem ungleichen Wettbewerb. Verantwortung daran tragen auch deutsche Supermärkte, die gerne Bananen für unter 1 Euro das Kilo anbieten – nicht zuletzt als Lockmittel für preisfixierte Verbraucher*innen. Während im Jahr 2019 die Importpreise für Bananen EU-weit ganz leicht angestiegen sind, setzt sich in Deutschland der Abwärtstrend fort, nach Angaben des Fachmagazins Fruitrop stärker in den klassischen Supermärkten als bei den Discountern. Der Lidl-Vertreter sprach auf der Fruit Logistica von einem „Preiskrieg“.

„Die Preise für die Bananen sind sehr instabil in Ecuador,“ erläutert ein Kleinproduzent in der von Oxfam in Aufrag gegebenen Recherche. „Der gesetzliche Mindestpreis für den Karton beträgt 6,30 USD, aber dieser Preis wird nicht eingehalten. Oft verkaufen wir den Karton für nur 3 oder gar 2 Dollar; das deckt dann noch nicht einmal die Produktionskosten.“ Als eine Alternative für kleine Produzent*innen wird von diesen der faire Handel sowie Bioproduktion genannt. Für die dreijährige Umstellung bedarf es aber gezielter Förderprogramme, die bislang weder von der ecuadorianischen Regierung noch der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ausreichend gefördert werden.

Nutznießer dieser Fehlentwicklung sind neben hiesigen Unternehmen und Verbraucher*innen die mittleren und großen Plantagen in Ecuador. Doch auch sie scheinen den Preisdruck zu spüren. Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse und ausbeuterische Strukturen nehmen wieder zu. Erst Ende des vergangenen Jahres hat die Internationale Arbeitsorganisation ILO mit deutlichen Worten den mangelnden Schutz der Gewerkschaftsfreiheit im Sektor verurteilt und die Regierung aufgefordert bei Beschwerden durch Beschäftigte nicht einseitig die Position der Unternehmen zu übernehmen, sondern Arbeitsrechtsverstöße stärker zu ahnden. Kein Wort dazu auf der Berliner Fruchtmesse.

Nachhaltige Bananenproduktion in Ecuador?

Immerhin machten Akteure der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auf der Fruit Logistica deutlich, dass sie nach den kräftigen Worten des Ministers Müller zu Jahresbeginn in der Presse oder der Talkshow Maischberger zu den fatalen Folgen der Billigpreispolitik deutscher Supermarktketten nun Taten folgen lassen wollen: Ein Projekt zur „nachhaltigen“ Bananenproduktion in Ecuador läuft aktuell an. Bleibt zu hoffen, dass sich dieses nicht an einem schwammigen Nachhaltigkeitsbegriff orientiert, wie er auf der Fruit Logistica von dem ecuadorianischen Landwirtschaftsminister präsentiert wurde, sondern auch die Einhaltung der nationalen Gesetze und der internationalen Menschenrechte einbezieht.

Der gesetzliche Mindestpreis für Bananen wird in Ecuador regelmäßig unterlaufen, man schätzt für etwa ein Drittel aller Verkäufe. Die geschädigten kleinen Produzenten können hier konkrete Namen nennen, darunter auch die deutscher Aufkäufer. Das ist ein wichtiges Thema für die ökonomische Nachhaltigkeit, gerade der vielen kleinen Produzenten.

Die Unternehmen müssen die Standards der ILO einhalten. Sie müssen entsprechend überwacht und bei Verletzung sanktioniert werden. Derzeit sind in der gesamten Provinz Los Rios in Ecuador allerdings nur vier Arbeitsinspektoren tätig, obwohl es hunderte von Bananenplantagen und tausende anderer Betriebe gibt. In Sachen Nachhaltigkeit – auch für das deutsche Bananen-Projekt – gibt es noch einiges zu tun.

6 Kommentare

Sicherheit, dass die Bananen zum Festpreis - sogar einem über dem Mindestpreis - gekauft wurden und grundlegende Sozial- und Umweltstandards eingehalten wurden, bieten nur die mit dem Transfair-Siegel - und dann am besten gleich die mit dem zusätzlichen Bio-Siegel nehmen.

Wer sind die deutschen Aufkäufer und die Handelsunternehmen, die die Preise drücken? - Namen nennen, damit man als Verbraucher Druck machen kann!

Das Problem ist, dass die Produzent*innen, die spezifische Namen uns gegenüber genannt haben, dies nur unter dem Aspekt der Vertraulichkeit getan haben und nicht offiziell wiederholen werden, da sie dann für immer raus aus dem Geschäft sind. Gleiches gilt auch für europäische Lieferanten, die sich nicht trauen, dies zu tun. Deshalb ist es wichtig, dass die europäische Regelung für die Unterbindung von unfairen Handelspraktiken explizit die Möglichkeit anonymer Beschwerden bzw. die Beschwerdeführung durch Verbände (seien es Bauern- oder Verbraucherorganisationen oder NGOs) eingeräumt haben. Es kommt nun darauf an, dass die Bundesregierung dies entsprechend in nationales Recht überführt. Dies sollte in der zweiten Jahreshälfte geschehen. Oxfam wird dies verfolgen und darüber zeitnah berichten.

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