Schweiz, Luxemburg, Panama, Bermuda, jüngst Mauritius – die Steueroasen, sie blühen, wie die Jahr für Jahr zu Tage kommenden Steuervermeidungsskandale verdeutlichen. Höchste Zeit, die Ära der Steueroasen zu beenden – alles andere wäre ein Skandal.

In Biarritz sitzen an diesem Wochenende die Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industrienationen beim G7-Gipfel zusammen. Auch wenn das frühere Machtzentrum internationaler Politik mit dem Aufstieg von Schwellenländern wie China und Indien und der damit einhergehenden Aufwertung der G20 nicht mehr quasi im Alleingang die Weichen in den großen Fragen der internationalen Politik stellt, so können die G7 noch immer wichtige Impulse geben – so auch in der Steuerpolitik.

Eigentlich ist dafür auch alles angerichtet: Frankreichs Präsident Macron will als Gastgeber das Thema soziale Ungleichheit zu einer Priorität des Gipfels machen. Und wer über soziale Ungleichheit reden will, der kann zum Thema Steuergerechtigkeit nicht schweigen. Denn: Ungerechte Steuersysteme und schädliche Steuerpraktiken verhelfen Konzernen und reichen Einzelpersonen zu drastischen Gewinnen, enthalten armen Ländern aber wichtige Steuereinnahmen vor. Entwicklungsländer verlieren durch die Steuervermeidung von Konzernen schätzungsweise 100 bis 200 Milliarden US-Dollar (zum Vergleich: Die weltweiten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit betrugen 2018 rund 153 Milliarden US-Dollar). Die Einnahmen fehlen den Ländern, um sie in öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme sowie soziale Sicherung zu investieren. Dies wäre aber dringend nötig, um Armut und Ungleichheit zu verringern und Geschlechtergerechtigkeit zu stärken, denn Frauen und Mädchen leisten derzeit den Löwenanteil an unbezahlter Pflege- und Sorgearbeit und zahlen damit den Preis für unterfinanzierte öffentliche Systeme.

Da ein Großteil der Konzerne aus den G7-Staaten kommt, tragen diese eine besondere Verantwortung. Dieser müssen sie endlich gerecht werden: Sie müssen den im Rahmen der G20 angestoßenen Prozess zur Eindämmung der Steuervermeidung von Konzernen mit klaren Signalen von der Atlantikküste aus vorantreiben und ihr eigenes Haus in Ordnung bringen.

Wie die internationale Steuerordnung fit für eine faire Zukunft gemacht werden kann, hat Oxfam in einem Fünf-Punkte-Plan skizziert. Für die G7 und die Bundesregierung heißt das:

1. Steuervermeidung von Konzernen beenden: Die G7, inklusive Deutschland, müssen in Biarritz deutlich betonen, dass sie hinter dem G20-Prozess stehen und den ruinösen internationalen Wettlauf um die geringsten Steuersätze durch effektive Mindestbesteuerung von Konzernen in allen Ländern stoppen wollen.

2. Entwicklungsländern mehr Rechte zur Besteuerung geben: Deutschland und seine G7-Partner müssen ihre Steuerabkommen mit armen Ländern so umgestalten, dass diese Konzerne aus den G7-Ländern tatsächlich vor Ort besteuern können. Die Bundesregierung sagt immer wieder, dass die Steuereinnahmen im globalen Süden erhöht werden müssen, tut aber kaum etwas dafür, dass deutsche Unternehmen in Entwicklungsländern tatsächlich höhere Steuern zahlen.

3. Transparenz schaffen: Die G7 müssen dafür sorgen, dass Konzerne verpflichtet werden, öffentlich zu berichten, in welchen Ländern sie wie viel verdient und welche Steuern sie dort bezahlt haben (sog. public Country-by-Country Reporting). Die Bundesregierung treibt hier seit Jahren ein doppeltes Spiel: Sie spricht sich für Steuertransparenz aus, blockiert aber in Europa nach Kräften einen solchen Vorschlag. So bleibt für die Öffentlichkeit weiter im Dunkeln, ob Unternehmen ihren fairen Anteil zum Gemeinwohl beitragen oder sich darum drücken. Darum: Schluss mit der Blockade!

4. Eine wirksame weltweite schwarze Liste von Steueroasen vereinbaren: Steueroasen müssen endlich trockengelegt werden. Schwarze Listen mit Strafmaßnahmen sind dafür ein probates Mittel. Eine solche Liste gibt es schon in der EU, nun brauchen wir eine weltweit gültige Liste – die G7 sollten sich klar dazu bekennen.

5. Gleichberechtigung von Entwicklungsländern verwirklichen: Die internationalen Steuerregeln werden derzeit von den G20 und der Industrieländerorganisation OECD entwickelt –  die damit die Agenda nach den Interessen ihrer Mitglieder bestimmen. Die G7 müssen sich daher für eine Aufwertung der Vereinten Nationen im Steuerbereich einsetzen, sodass Entwicklungsländer auf Augenhöhe mitentscheiden können. Auch hier klaffen bei der Bundesregierung Theorie und Praxis auseinander: Die Bundesregierung unterstützt die Forderungen der Entwicklungsländer nach gleichberechtigter Teilnahme an den Verhandlungen über eine internationale Steuerreform, beharrt aber zugleich auf der Führungsrolle der Industrieländerorganisation OECD in den Verhandlungen. Deutschland muss sich endlich für eine stärkere Rolle der Vereinten Nationen im Steuerbereich starkmachen.

Konzerne müssen dort besteuert werden, wo sie  ihre Gewinne erwirtschaften und so ihren fairen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten. Das Ziel ist fünf Schritte entfernt.  Die G7 müssen sie nun gehen.

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