Wetten, dass sich Martin Schulz und Angela Merkel am Ende der Koalitionsverhandlungen vor die Kameras stellen werden, um zu verkünden, dass auch der Klimaschutz mit der nächsten Großen Koalition vorankommen wird? Die sind sich für nichts zu schade.

Schon der letzten GroKo war, Hand aufs Herz, der Klimaschutz eher schnurz (sagen wir: mit Ausnahme von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks). Die letzte GroKo hatte es in der Hand, den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle anzuleiern. Stattdessen hat sie den Energiekonzernen Hunderte Millionen Euro dafür hinterhergeworfen, dass sie uralte Kohlekraftwerke als Reserve bereithalten, den Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Umstellung auf ein Ausschreibungsverfahren mit drastischer Deckelung der Ausbaumenge abgewürgt. Sie hat Nullkommanichts dafür getan, die Autohersteller auf effizientere Motoren zu verpflichten oder gar den wachsenden Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Die Quittung: jahrelang stagnierten die deutschen Treibhausgasemissionen, 2016 sind sie wieder angestiegen, wie auch schon 2015. Zur Verteidigung: allenfalls Ausflüchte, etwa, der Winter sei kalt gewesen. Mimimi.

Klimaziele faktisch aufgegeben

Inzwischen ist das deutsche Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, kaum noch zu erreichen. Genau das zu tun, stand bei Union und SPD im Wahlprogramm – die Bundeskanzlerin hatte es vor der Wahl auch öffentlich versprochen. Jetzt aber steht im Entwurf für den Koalitionsvertrag, eine neue Kommission solle über Maßnahmen nachdenken, um die Lücke bis zum Ziel „so weit wie möglich zu reduzieren“. Was so viel heißt wie: egal. Das Ziel wäre damit de facto aufgegeben, da sollte man sich lieber nicht allzu viel vormachen. Das würde jene Politiker freuen, die immer mal wieder verbreiten, das Ziel sei sowieso ein deutscher Alleingang – das ist natürlich Unsinn; nahezu alle Länder haben solche Ziele, die entweder im Kyoto-Protokoll oder in den Beschlüssen der UN-Weltklimakonferenz von Cancún im Jahr 2010 festgehalten sind.

Das 2020-Ziel ist nicht einfach nur ein Zwischenschritt, den man machen kann oder auch nicht. Wird das 2020-Ziel nicht erreicht, sind auch die nächsten Ziele für 2030 (minus 55%) und 2050 (minus 80-95%) ungleich schwerer zu erreichen. Übrigens droht der GroKo nun auch aus Brüssel Ungemach, denn Deutschland wird wohl die EU-Vorgaben für Klimaschutz beim Verkehr, im Gebäudesektor und in der Landwirtschaft bis 2020 nicht erfüllen und muss sich dann über eine Art Ablasshandel freikaufen – bei anderen EU-Ländern, die ihre jeweiligen Klimaziele übererfüllen. Oder: Für das klimapolitische Versagen der Bundesregierung muss demnächst der Steuerzahler blechen.

Raus aus der Kohle!

Was tun? Das 2020-Ziel ist noch zu erreichen – wenn jetzt in einem Klimaschutz-Sofortprogramm vor allem der Ausstieg aus der Kohle beherzt in Angriff genommen würde. Das aber trauen sich die künftigen Koalitionäre nicht. Lieber aufschieben. Die schon erwähnte Kommission soll es richten und als weitere Aufgabe den Strukturwandel in den Braunkohleregionen begleiten und einen Plan zur schrittweisen Reduktion der Kohleverstromung entwickeln. Klingt gut? Die Kohlekonzerne sollen mit am Tisch sitzen, die vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten oder die Menschen, denen der Klimawandel durch Dürren oder Überschwemmungen die Lebensgrundlagen nach und nach zerstört, hingegen nicht.

Dass die Ergebnisse dieser Kommission dem Pariser Klimaschutzabkommen gerecht werden (wofür es nötig wäre, das letzte deutsche Kohlekraftwerk in spätestens 15 Jahren vom Netz zu nehmen), kann sein. Darauf wetten würde ich eher nicht.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen machen wir Angela Merkel, Martin Schulz & Co. klar: Der Ausstieg aus dem Klimakiller Kohle muss in den Koalitionsvertrag! Machen Sie mit bei unserer Aktion und senden Sie per Sprachnachricht über WhatsApp oder Telegram den Verhandler/innen einen Appell, den sie nicht überhören können – direkt auf ihre Telefone!

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2 Kommentare

Sehr geehrter Herr Funke,

dass auf dem Bild Kühltürme zu sehen sind, ist richtig - aber immer noch die eines Kohlekraftwerks. Trotzdem haben wir die Bildunterschrift abgeändert, damit niemand von dem Bild verwirrt wird. Einverstanden?

Was den ‚Vogelschlag‘ bei Windkraftanlagen angeht: Zumindest der Naturschutzbund Deutschland vertritt die Ansicht, dass der ‚Vogelschlag‘ bei 80-90 Prozent der Windkraftanlagen kein Problem sei (vgl. https:/www.focus.de/wissen/klima/tid-14230/mythos-windkraftanlagen-toeten-massenweise-voegel_aid_398163.html). Natürlich sollte man versuchen, ihn soweit als möglich zu vermeiden, etwa durch die Standortwahl. Übrigens gibt es noch weitere Ursachen für Vogelsterben, die weitaus stärker ins Gewicht fallen. Für Deutschland kenne ich keine Zahlen, aber in den USA sterben 137mal mehr Vögel, weil sie gegen Sendemasten fliegen, 1150mal mehr durch Autos, 1740mal mehr an Fensterscheiben und 138000mal mehr durch Hauskatzen (vgl. https://www.fws.gov/birds/bird-enthusiasts/threats-to-birds.php).

Natürlich geht es nicht nur um Vögel. Deutschlands Energiesystem muss insgesamt nachhaltig werden. Die Begrenzung des Klimawandels und seiner Folgeschäden für Menschen, Tiere und Ökosysteme gehört ebenso in die Waagschale. Übrigens sind Kohlekraftwerke für erhebliche Schäden auch jenseits des Klimawandels verantwortlich. Wie das bei den Vögeln aussieht, weiß ich nicht; aber unter uns Menschen verursachen Kohlekraftwerke infolge der Luftverschmutzung jedes Jahr fast 23.000 vorzeitige Todesfälle (vgl. https://www.energiezukunft.eu/umwelt/wirtschaft/22900-vorzeitige-todesfaelle-durch-kohle-in-europa-gn104160/). Da muss man nicht lange zwischen Kohlekraft oder Windkraft abwägen, oder?

Beim Thema Bioenergie sind wir bei Oxfam übrigens Ihrer Meinung: Den Einsatz von Biomasse als Energiequelle sehen wir sehr kritisch – nämlich dann, wenn zum der Anbau von Energiepflanzen (wie zum Beispiel Mais für die Produktion von Bioethanol) in Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmittel steht. Das lehnen wir komplett ab, denn das verschärft den Hunger in der Welt und treibt die Preise für Grundnahrungsmittel nach oben. Erhebliche Probleme gibt es auch speziell beim Biodiesel, dessen Einsatz zu einem weltweit wachsenden Bedarf an Pflanzenölen führt. Die Folge: in vielen tropischen Ländern werden großflächig Regenwälder zerstört, um industrielle Palmölplantagen anzulegen. Die Zerstörung der Wälder ist nicht nur ein gewaltiger Verlust von wertvollen Ökosystemen, sondern setzt zudem gewaltige Mengen an Treibhausgasen frei, die auf Jahrhunderte die Klimabilanz von Biodiesel ins Negative verkehrt.

Grüße
Jan Kowalzig
Oxfam

Diese angeblichen rauchenden Schornsteine die die Umweltschützer immer wieder den Unwissenden zeigen sind nichts weiter als Kühltürme wo nichts weiter als Wasserdampf rauskommt. Ich finde es beschämend wie sie die Meinung beeinflussen. Sie haben nichts dagegen das tausende Vögel von Windrädern geschreddert werde . Sie haben nichts dagegen das auf tausenden Hectar Mais angebaut wird für Biokraftwerke die nur dank riesiger Subventionen bestehen können. Ich finde es eine Sauerei das auf Boden wo Nahrungsmittel wachsen könnten Mais zum verbrennen angebaut wird und gleichzeitig in der Welt Kinder verhungern

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