Das Wirtschaftssystem ist das Problem

Weltweit wächst die soziale Ungleichheit rasant. Die katastrophalen Folgen der Klimakrise sind an immer mehr Orten spürbar. Maßgeblich dafür verantwortlich ist ein Wirtschaftssystem, das auf Profitmaximierung und grenzenloses Wachstum setzt. Ein Wirtschaftssystem, das mit seinem maßlosen Energiehunger nach Kohle, Öl und Gas und seiner industriellen Landwirtschaft tropische Wälder und andere kritische Ökosysteme zerstört. Ein Wirtschaftssystem, das die Klimakrise weiter anheizt und die ökologischen Grenzen unseres Planeten für den Reichtum und den verschwenderischen Lebensstil einer kleinen, wohlhabenden Gruppe sprengt. Am Ende bleiben wenige Gewinner*innen und viele Verlierer*innen. Eine Welt, die Oxfam niemals akzeptieren wird. Es stimmt also: Nie gab es mehr zu tun. 

Klimakrise und Ungleichheit gehen Hand in Hand

Klimakrise und Ungleichheit können nur gemeinsam und global gelöst werden. Die großen Industriestaaten aber tragen dabei eine besondere Verantwortung. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung waren zwischen 1990 und 2015 für über die Hälfte aller kumulierten Kohlenstoffemissionen verantwortlich, und darunter das reichste Prozent für doppelt so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Das zeigt: Die ökologischen Krisen lassen sich nicht von der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ungleichheit trennen. Diejenigen, die Einkommen und Vermögen erlangt haben und damit wirtschaftlich privilegiert sind, haben einen viel größeren ökologischen Fußabdruck. Die negativen Folgen der Krise aber treffen die Ärmsten am härtesten.

Wir brauchen einen Kurswechsel

Es ist Zeit zu handeln. Nur durch deutliche Kursänderungen werden wir es schaffen, die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und so die schlimmsten Szenarien für den weiteren Verlauf der Klimakrise zu verhindern. Die Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners reicht längst nicht mehr aus. Das muss SPD, Grünen und FDP klar sein. Was es jetzt braucht, ist Mut zu diesem klaren Kurswechsel hin zu einem Wirtschaftssystem, das Menschen und die Umwelt in den Mittelpunkt stellt.

5 Forderungen an die zukünftige Bundesregierung

Wir stellen daher fünf Forderungen an die zukünftige Bundesregierung als Beitrag zu einer klimagerechten, gemeinwohlorientierten Wirtschaft:

  1. Klimaneutrales Deutschland: Das Zieljahr 2045 für die Klimaneutralität ist zu spät – zumindest, wenn Deutschland gemäß seiner Verantwortung für die Klimakrise und gemäß seiner Wirtschaftskraft fair zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 1,5°C beitragen soll. Vielmehr sollte der Koalitionsvertrag vorsehen, hier noch einmal spürbar nachzusteuern. Dafür sollte der Koalitionsvertrag die Vorhaben skizzieren, um in den einzelnen Sektoren die Emissionen auf null zu senken. Wie wird der Ausbau der erneuerbaren Energien wieder in Gang gebracht und der Kohleausstieg vorgezogen? Wann kommt das Ende des Verbrennungsmotors? Wie wird die Transformation weg von der industriellen Landwirtschaft gestaltet? Klar muss auch sein, dass verbleibende Emissionen durch Kohlenstoffsenken innerhalb der EU ausgeglichen werden und nicht beispielsweise durch Inanspruchnahme von Landflächen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern.
     
  2. Internationale Klima-Solidarität: Als reiches Land ist Deutschland völkerrechtlich verpflichtet, wirtschaftlich benachteiligte Länder finanziell beim Klimaschutz und bei der Anpassung an klimatische Veränderungen zu unterstützen. Dazu sollte der Koalitionsvertrag festlegen, dass die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung bis 2025 auf 8 bis 10 Milliarden Euro anwachsen sollen. Zudem sollte festgelegt werden, dass die Bundesregierung konstruktiv an globalen Vereinbarungen mitwirken wird, um Länder bei der Bewältigung unvermeidlicher Schäden infolge der Klimakrise angemessen zu unterstützen.
     
  3. Gemeinwohlorientierung der Wirtschaft: Mit Unternehmen, die vor allem das Interesse verfolgen, ihre Profite zu maximieren, ist eine sozial und ökologisch gerechte Wirtschaft nicht zu erreichen. Sie müssen sich grundlegend ändern: Ihr Unternehmenshandeln muss sich maßgeblich an Menschenrechten und den natürlichen Grenzen der Umwelt ausrichten. Und sie müssen demokratischer in ihren Entscheidungsstrukturen werden. Das heißt, sie müssen sicherstellen, dass alle Stakeholder eines Unternehmens eine Stimme haben – das gilt nicht nur für direkt Angestellte, sondern auch für Produzent*innen, lokale Gemeinschaften und Arbeitnehmer*innen in den globalen Lieferketten. Dazu braucht es sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene eine ambitionierte Gesetzgebung für eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Unternehmensführung.
     
  4. Marktmacht begrenzen: Die Marktmacht einzelner großer Konzerne muss beschränkt werden. Dazu braucht es politisch vor allem ein verschärftes und gemeinwohlorientiertes Kartell- und Wettbewerbsrecht. Die Grenze für die Vermutung einer marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens sollte von derzeit 40 auf 20 Prozent Marktanteil abgesenkt werden.
     
  5. Alternative Unternehmensansätze fördern: Neben der Regulierung vor allem an der Profitmaximierung ausgerichteter Unternehmen gilt es zudem, inklusive und nachhaltige Unternehmungen zu stärken. So werden beispielsweise Kooperativen oder Vereine in der Solidarischen Landwirtschaft aus ihrer Nische geholt. Dafür braucht es nicht einfach ein paar separate Fördertöpfe, sondern eine konsequente Ausrichtung von allgemeinen Wirtschaftshilfen und öffentlichen Ausschreibungen an ihren Bedürfnissen sowie entsprechende Anreize in der Besteuerung von Unternehmen.

Bereit für echte Veränderung?

Die kommenden Tage und Wochen werden uns zeigen, ob die „Ampel“ in der Lage sein wird, Deutschland zu einer klimagerechten und gemeinwohlorientierten Wirtschaft zu verhelfen. Uns ist auch klar: Nicht alle in einer solchen „Ampel“ werden in gleichem Maße Interesse daran verspüren – dabei haben wir etwa die Grenzen einer auf immerwährendes Wachstum ausgerichteten Wirtschaft an dieser Stelle noch gar nicht thematisiert. Sicher ist: Die Zivilgesellschaft hat in den letzten Jahren weltweit immer wieder gezeigt, dass sie längst bereit für echte Veränderung ist. Die nächste Regierung, möglicherweise unter Bundeskanzler Olaf Scholz, muss noch beweisen, dass sie nicht nur im Wahlkampf anpacken kann. Nie gab es mehr zu tun.

Tragen Sie mit Ihrer Spende dazu bei, dass wir auch in Zukunft für eine klimagerechte, gemeinwohlorientierte Wirtschaft kämpfen können. Schon ein kleiner monatlicher Beitrag hilft.

Jetzt spenden

27 Kommentare

Es ist kaum zu fassen, mit welcher Hartnäckigkeit sich immer noch die Mär vom CO2-freien Atomstrom in den Klimadebatten hält.
Strom aus Atomkraft ist nur dann klimaneutral, wenn nur die Stromproduktion betrachtet wird.
Der Bau von AKWs, die Gewinnung von Uran, die chemische Aufbereitung und die Anreicherung des U235 (sehr Energie intensiv), die Herstellung der Brennstäbe, der Abbau von AKWs (dauert etwa doppelt solang wie der Bau!), die Endlagerung des radioaktiven Abfalls (noch in keinem Land weltweit gelöst!), sind alles Maßnahmen, die mit erheblichen Mengen von CO2 Ausstoß verbunden sind.
Eine Abschätzung (ohne die Endlagerung einzubeziehen, geht ja auch nicht s.o.) des deutschen Ökoinstituts kam zu dem Ergebnis, dass Atomstrom soviel Klimagas erzeugt wie etwa Gaskraftwerke. Wenn man die Wartungsarbeiten, die hochtechnisierte Ausstattung in eine Ökobilanz miteinbezieht, sieht es vermutlich noch viel schlimmer aus.

Dipl. Phys. Klaus Schöffel

Das ist ein richtig guter Kommentar. Alles treffend auf den Punkt gebracht. Ich wünschte, ich könnte das auch jedes mal so sagen, wenn man auf Atomkraftbefürworter trifft.

Widerspruch. Hierzu das: https://www.100-gute-gruende.de/gruende/ . Und es gäbe noch extrem viel dazu zu sagen, dass Sie mit Ihrer Einstellung betreffend Atomkraftwerke meilenweit daneben liegen. Mal einige Fakten: Weltweit gibt es 414 AKWs und die haben gerade mal 2 % Anteil am Welt-Energiebedarf. Um den restlichen Energiebedarf atomar zu decken, müssten 10.000ende AKWs neu gebaut werden. Woher so viel Uran nehmen? AKWs mussten in der Vergangenheit bei Extrem-Wettersituationen (heiße Sommer) abgeschaltet werden, weil das Kühlwasser zu warm geworden ist. Weiteres Beispiel: AKW Flamanville Block 3: Baubeginn 2007, geschätzte Inbetriebnahme 2024. Schätzung Baukosten 2007, ca. 3,7 Milliarden Euro, 2024 Baukosten über 12 Milliarden Euro. Dagegen ein Offshore-Windpark Nordsee; Bauzeit 20 Monate, geschätzte Kosten 2,65 Milliarden Euro. Atomkraftwerke sind KEINE Lösung für das Klimaproblem.

Kommentieren

Wir freuen uns über anregende Diskussionen, sachliche Kritik und eine freundliche Interaktion.

Bitte achten Sie auf einen respektvollen Umgangston. Auch wenn Sie unter einem Pseudonym schreiben sollten, äußern Sie bitte dennoch keine Dinge, hinter denen Sie nicht auch mit Ihrem Namen stehen könnten. In den Kommentaren soll jede*r frei seine Meinung äußern dürfen. Doch es gibt Grenzen, deren Überschreitung wir nicht dulden. Dazu gehören alle rassistischen, rechtsradikalen oder sexistischen Bemerkungen. Auch die Diffamierung von Minderheiten und Randgruppen akzeptieren wir nicht. Zudem darf kein*e Artikelautor*in oder andere*r Kommentator*in persönlich beleidigt oder bloßgestellt werden.

Bitte bedenken Sie, dass Beleidigungen und Tatsachenbehauptungen auch justiziabel sein können. Spam-Meldungen und werbliche Einträge werden entfernt.

Die Verantwortung für die eingestellten Kommentare sowie mögliche Konsequenzen tragen die Kommentator*innen selbst.