Transparenzinitiative: Weiterhin unklar, wofür Unternehmen Beihilfen erhalten

Mit Verspätung hat heute auch Deutschland die EU-Direktzahlungen und Marktbeihilfen veröffentlicht. Bayern hatte sich bis zuletzt dagegen gesträubt, obwohl alle Bundesländer laut EU-Beschluss schon seit Ende April zur Offenlegung verpflichtet sind. Die Zahlen belegen: Große Lebensmittelkonzerne profitieren am meisten von den EU-Agrarsubventionen. Zu den Spitzenempfängern zählen beispielsweise Campina mit 1,9 Millionen Euro, Doux Geflügel mit 4,7 Millionen, das Getreideunternehmen August Töpfer mit 7,4 Millionen und Storck mit 3,3 Millionen Euro. „Die Exportsubventionen drücken die Preise auf dem Weltmarkt. Während die Gewinne der bezuschussten Konzerne steigen, werden Kleinbauern weltweit durch das Exportdumping in die Armut gedrängt", kritisiert Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. Die erneut eingeführten Exportsubventionen für Milchprodukte seien beispielhaft für diese skandalöse Praxis.

So sei in Afrika europäisches Milchpulver oftmals billiger als einheimische Frischmilch, und die Kleinbauern könnten mit den Dumpingpreisen nicht konkurrieren. Große Molkereien in Europa erhielten Exportsubventionen in Millionenhöhe. „Nordmilch kassierte 2007/2008 1,5 Millionen Euro und zahlt den Bauern Preise, die deren Produktionskosten nicht decken", kritisiert Martin Hofstetter von Greenpeace. Die bisherige Verteilung der Subventionen schade nicht nur den Milchbauern in den armen Ländern, sondern auch denen in Deutschland und Europa. Sie verschärfe die Konzentration auf der Seite der Milchverarbeiter und heize die Überproduktion an.

Besonders problematisch bewertet die Transparenzinitiative, dass noch immer nicht deutlich wird, wofür die Betriebe das Geld bekommen. „Die Bundesregierung und die Länder-Agrarminister betonen, die Zahlungen flössen für die gesellschaftlichen Leistungen der Bauern. Dann sollten diese Leistungen auch genannt werden.", fordert Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Verheimlichen schaffe Misstrauen, Aufklärung dagegen Vertrauen.

Es überrasche nicht, dass sich die Agrarlobby so vehement gegen eine Veröffentlichung der EU-Subventionsempfänger wehre, so Reinhild Benning, Agrarexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Der Subventionstopf beschert Agrarfunktionären seit Jahren satte Einnahmen. Bäuerliche Betriebe werden hingegen mit Kleckersummen abgespeist. Den Steuerzahlern ist nicht zu vermitteln, dass die EU, der Bund und die Länder jedes Jahr mit Milliarden die Industrialisierung der Landwirtschaft vorantreiben. Sie fördern damit den Abbau von Arbeitsplätzen in ländlichen Regionen, hohe Klimagasemissionen, Artenverlust sowie Trinkwasserbelastung durch die Massentierhaltung."

Die Homepage der Bundesregierung gebe zu wenig Einzelheiten wieder, so die Transparenzinitiative. „Oft ist nicht erkennbar, für welche konkreten Maßnahmen Beihilfen gezahlt wurden. Der Bund und die Länder müssen nachlegen und die Zahlungen für die ländliche Entwicklung detaillierter darstellen, wie es in anderen europäischen Ländern längst üblich ist.', fordert Matthias Meissner vom WWF. Nur so ließe sich erkennen, welche Betriebe mehr für die Umwelt-, den Klima- und Naturschutz tun, als es die Gesetze verlangen.

Die Transparenz-Initiative wird von 36 Organisationen aus den Bereichen Entwicklung, Umwelt, Verbraucherschutz, Demokratie &Transparenz, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft unterstützt. Sie setzt sich seit mehr als drei Jahren dafür ein, dass sowohl die Empfänger als auch die Höhe und der Verwendungszweck der vergebenen EU-Agrarsubventionen offengelegt werden.

Die Liste der Empfänger von Agrarsubventionen ist einsehbar unter:
www.agrar-fischerei-zahlungen.de

Weitere Informationen unter:
www.wer-profitiert.de