Oxfam warnt: EU riskiert Scheitern des UN-Klimagipfels

Europäischer Rat am 29./30. Oktober 2009 in Brüssel

Kunst-Installationen von Hermann Josef Hack: „Klima-Flüchtlingscamps" in Berlin, Brüssel, Dublin, London und Madrid

Bunte Zelte dicht an dicht, im Hintergrund das Brandenburger Tor. Der Künstler Hermann Josef Hack hat heute (28.10.09) zusammen mit der Entwicklungsorganisation Oxfam in Berlin ein „Klima-Flüchtlingscamp" in Miniaturgröße aufgebaut. Die Kunst-Installation von 200 schuhkartongroßen Zelten symbolisiert die dramatischen Folgen des Klimawandels in den Entwicklungsländern. Geschätzte 26 Millionen Menschen mussten ihre Heimat bereits verlassen, weil der Klimawandel ihre Lebensgrundlagen zerstört hat.

Nach Oxfams Berechnungen wird die Zahl der Menschen, die von extremen Trockenheiten, Unwettern oder Überschwemmungen und anderen katastrophalen Folgen des Klimawandels betroffen sind, bis 2015 auf etwa 375 Millionen Menschen anwachsen.

„Es kann nicht sein, dass an den Grenzen Europas Klima-Flüchtlinge als unerwünschte Eindringlinge abgewehrt werden, statt den Grund für die Flucht zu bekämpfen: den von den reichen Ländern verursachten Klimawandel", sagt Hack.

Oxfam: EU gefährdet Klimaabkommen

Oxfam kritisiert, dass die EU-Staats- und Regierungschefs bisher noch keine ausreichenden EU-Klimaziele formuliert haben, um die globale Klimakatastrophe abzuwenden. „Statt der im Entwurf der Schlussfolgerungen des EU-Gipfels bisher vorgesehenen Treibhausgas-Reduktion um maximal 30 Prozent bis 2020 sind mehr als 40 Prozent nötig", fordert Jan Kowalzig, Klima-Experte bei Oxfam Deutschland. Mindestens ebenso wichtig sei zudem die Frage der Finanzhilfen für Entwicklungsländer.

„Ausreichende und vor allem zusätzliche Finanzhilfen für die Entwicklungsländer sind der Schlüssel für den Erfolg von Kopenhagen. Die EU aber versucht, sich durch Rechentricks aus der Verantwortung zu stehlen", kritisiert Kowalzig. Die EU hoffe, angeführt vom ehemaligen Klima-Primus Deutschland, ihren Anteil an den Finanzhilfen aus den künftigen Budgets der öffentlichen Entwicklungshilfe abzweigen zu dürfen. Dann fehlten die Mittel aber bei Entwicklung und Armutsbekämpfung.

„Die EU betreibt bei den Finanzhilfen ein scheinheiliges Null-Summen-Spiel, das nicht funktioniert. Wie die Wände eines Hauses nicht aus den Steinen seines Fundaments gebaut werden können, braucht es gegen den Klimawandel Mittel, die zusätzlich und nicht anstelle der Entwicklungshilfe bereitgestellt werden", fordert Kowalzig. Schließlich gehe es für Millionen Menschen in den armen Ländern um den Schutz ihrer Lebensgrundlagen und häufig auch ums nackte Überleben - und das sei weder verhandelbar noch dürfe man diese Menschen mit Rechentricks zu den Verlierern des Klimawandels machen.

Nach Oxfams Berechnungen müssen die jährlichen Finanzhilfen der Industrieländer bis 2020 auf mindestens 70 Milliarden Euro für Klimaschutz und mindestens 40 Milliarden Euro für die Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels in den armen Ländern anwachsen. Im Entwurf des Abschlussdokuments des EU-Gipfels steht jedoch lediglich ein zusätzlicher Finanzbedarf von jährlich 22 bis 50 Milliarden Euro, zu dem zu einem erheblichen Anteil die Entwicklungsländer selbst beitragen sollen.

Das „Klima-Flüchtlingscamp" in Berlin kann am 28.10.09 von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden.

Hermann Josef Hack und Oxfams Klima-Experte Jan Kowalzig stehen für Interviews zur Verfügung.