Vergewaltigungen stehen im vom Bürgerkrieg geschundenen Osten der Demokratischen Republik Kongo auf der Tagesordnung. Allein im Süd-Kivu wurden 2009 mehr als 5.000 Personen vergewaltigt. Noch nicht einmal das eigene Haus bietet Schutz vor brutalen sexuellen Übergriffen: Mehr als die Hälfte der Vergewaltigungen in der DR Kongo fanden nachts und daheim statt, in der vermeintlichen Sicherheit des Hauses der Betroffenen - häufig sogar in Gegenwart der Familien. Dies geht aus der am 15. April frei gegebenen Studie "Now, the world is without me", von Oxfam und der Harvard Humanitarian Initiative hervor.

"Die Brutalität und das Ausmaß der Vergewaltigungen im Ost-Kongo sind ein Skandal, zumal gleichzeitig über den Abzug der UN-Friedensmission aus der DR Kongo diskutiert wird", sagt Markus Nitschke, Berater zu Humanitären Krisen bei Oxfam Deutschland. "Frauen sind nicht einmal nachts in ihrem eigenen Bett sicher. Die Anwesenheit der Blauhelm-Soldaten ist so lange erforderlich, bis die kongolesische Regierung selbst im Stande ist, ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen."

Erschütternde Berichte vergewaltigter Frauen

Eine Betroffene berichtet: "Meine Familie und ich schliefen, als die Soldaten kamen. Sie banden meinem Mann die Hände hinter dem Rücken zusammen, und dann vergewaltigten sie mich einer nach dem andern. Später nahmen sie meinen Mann und mich mit in den Wald. Als sich mein Mann widersetzte, erschossen sie ihn. Ich war drei Wochen mit ihnen im Wald bis ich eines nachts entkommen konnte. Als ich wieder nachhause kam, erfuhr ich, dass mein kleines Kind tot war."

60 Prozent Mehrfachvergewaltigungen

Aus der von der Harvard Humanitarian Initiative durchgeführten Umfrage unter 4.311 Vergewaltigten geht hervor, dass 56 Prozent der Frauen daheim vergewaltigt wurden, 16 Prozent bei der Feldarbeit und 15 Prozent beim Holzsuchen im Wald. Besonders schockierend: 60 Prozent der betroffenen Frauen wurden mehrfach vergewaltigt. 12 Prozent wurden Opfer sexueller Sklaverei, einige wurden jahrelang gefangen gehalten.
Die Täter sind überwiegend Soldaten oder Angehörige von Milizen. Die Studie zeigt, dass während militärischer Aktivitäten die Zahl von Vergewaltigungen steil ansteigt. Im Untersuchungszeitraum haben jedoch auch die Vergewaltigungen durch Zivilpersonen um das 17-fache zugenommen.

Gesundheitsfürsorge völlig unzureichend

Für die Untersuchung wurden über einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren Frauen befragt, die im Panzi-Krankenhaus im Süd-Kivu behandelt wurden. Panzi ist das einzige Krankenhaus seiner Art im Süd-Kivu, einer Region mit rund fünf Millionen Einwohnern. Viele Frauen aus entlegenen Gebieten können die Reise dorthin nicht machen und sterben oft an den schweren Verletzungen infolge von Vergewaltigungen.

Oxfam fordert eine Ausweitung des medizinischen Angebots für die betroffenen Frauen. "Der Zugang zu medizinischer Versorgung muss radikal verbessert werden, insbesondere für Überlebende sexueller Gewalt in abgelegenen Dörfern. Jede Frau muss die Behandlung bekommen, die sie braucht", so Nitschke.

Die Studie "Now, the world is without me" und eine Zusammenfassung  finden Sie unter: www.oxfam.de/publikationen/kongo-studie