Oxfam: Regierung beschließt Wortbruch bei Entwicklungshilfe für arme Länder

Auch Klima-Zusage von Kopenhagen soll nur auf dem Papier erfüllt werden

Die ursprünglich für 2011 anvisierten Mittelerhöhungen im Etat des Entwicklungsministeriums bleiben aus. "Der Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2011 ist entwicklungspolitisch eine große Enttäuschung und ein Wortbruch", sagt Tobias Hauschild, Oxfams Experte für Entwicklungsfinanzierung. Die Bundesregierung verabschiede sich damit von ihren internationalen Zusagen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe.

"Kommt es 2011 nicht zu den notwendigen Mittelerhöhungen, wird das Millenniums-Versprechen, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen, nicht erreicht", warnt Hauschild. Derzeit liege die deutsche Quote bei lediglich 0,35 Prozent. "Angesichts der trüben Aussichten müssen nun neue Finanzierungsquellen für die Armutsbekämpfung erschlossen werden", fordert Hauschild. "Dazu zählen zum Beispiel Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer."

Auch bei den internationalen Klima-Zusagen fordert Oxfam die Bundesregierung zur Abkehr von rechnerischer "Trickserei" auf. Der Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2011 sieht Kürzungen in Höhe von 70 Millionen Euro bei den von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem UN-Klimagipfel in Kopenhagen zugesagten Klimahilfen für Entwicklungsländer vor.

Oxfams Klimaexperte Jan Kowalzig sagt: "Diese 70 Millionen Euro Klima-Hilfen sind die einzigen zusätzlichen Mittel aus der Kopenhagen-Zusage der Bundesregierung für 2011. Ansonsten handelt es sich ohnehin nur um alte Versprechen und bestehende Mittel, die für die Kopenhagen-Zusage umetikettiert und doppelt angerechnet werden. Wenn jetzt die ehemalige ,Klima-Kanzlerin' ausgerechnet diese 70 Millionen Euro streichen lässt, riskiert sie einen erneuten Vertrauensverlust bei den armen und vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern."

Ende 2009 sei in Kopenhagen ein komplettes Scheitern des UN-Klimagipfels auch deshalb abgewendet worden, weil die Industrieländer zusätzliche Finanzhilfen für Klimaschutz und gegen die Folgen von Stürmen, Dürren und Überschwemmungen in armen Ländern versprochen hatten. Von 2010 bis 2012 sollten insgesamt 30 Milliarden US-Dollar als Anschubfinanzierung neu und zusätzlich fließen. "Bundeskanzlerin Angela Merkel hat als deutschen Beitrag 1,26 Milliarden Euro zugesagt. Lediglich 210 Millionen Euro davon sind ,frisches' Geld, von dem nun aber 2011 und 2012 jeweils 70 Millionen gekürzt und durch Rechentricks ausgeglichen werden sollen", so Kowalzig.

Um die Kürzungen zu verstecken, wolle die Bundesregierung Klimaschutz-Kredite an Entwicklungsländer in Höhe der vollen Kreditsumme anrechnen und nicht nur in Höhe des Beitrags, mit dem Deutschland diese Kredite verbilligt. "Das ist unzulässig", moniert Kowalzig. "Diese Kredite müssen die armen Länder vollständig zurückzahlen, es sind daher keine echten Finanzhilfen im Sinne der deutschen Kopenhagen-Zusage." Die Bundesregierung erfülle das Versprechen der Bundeskanzlerin dann nur noch auf dem Papier. "Diese Trickserei wird das Misstrauen der armen Länder schüren und die ohnehin schwierigen internationalen Verhandlungen für ein weltweites Klima-Abkommen weiter gefährden."

Der heute beschlossene Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2011 wird ab September im Bundestag verhandelt und im November 2010 verabschiedet.
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