Neue Nahrungsmittelkonvention geplant. Oxfam fordert tiefgreifende Reform.

Heute beginnen in London die Verhandlungen für eine neue Nahrungsmittelhilfekonvention, die ab 2012 gelten soll. Oxfam fordert die Geberländer auf, in Zukunft eine zuverlässige, schnelle und angemessene Hilfe in Nahrungsmittelkrisen zu gewährleisten. "Die Konvention muss die Hilfe schnellstmöglich auf Geldleistungen und eine auf Ernährungssicherheit bezogene Unterstützung umstellen", fordert Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale. Sie müsse Hand in Hand gehen mit der Verbesserung der kleinbäuerlichen Produktion und den aktuell diskutierten Maßnahmen zur Bewältigung der Preisschwankungen auf den Weltagrarmärkten.

Nahrungsmittelkrisen sind kein Problem von echter Knappheit

Bei der überwiegenden Zahl von Nahrungsmittelkrisen sei das Problem nicht, dass es keine Nahrungsmittel gebe, sondern dass Menschen nicht in der Lage wären, sich verfügbare Nahrungsmittel zu kaufen. "Hungernde brauchen sofort Geld, um sich Nahrungsmittel kaufen zu können. Sie können nicht auf die nächste Schiffsladung mit Hilfslieferungen vom anderen Ende der Welt warten", erklärt Wiggerthale. Die Verschiffung von Nahrungsmitteln, insbesondere aus den USA und Japan, sei zu langsam und eine Verschwendung von Hilfsgeldern. "Unterm Strich kommt nach Abzug der Verschiffungs- und Beschaffungskosten nur 50 Prozent des Geldwertes der gesamten US-Nahrungsmittelhilfe im Empfängerland an", kritisiert Wiggerthale. Das jetzige System diene vor allem den Interessen des internationalen Agrobusiness und orientiere sich nicht an den Bedürfnissen der Hungernden.

Weg vom "ressourcenbezogenen" hin zum "bedarfsgerechten" Ansatz

Im Mittelpunkt der Nahrungsmittelhilfe dürfte nicht die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln stehen, sondern bestimmend müsse der humanitäre Bedarf sein. "Die Konvention sollte den Schwerpunkt nicht auf die Menge der gelieferten Nahrungsmittel legen, sondern auf die Bedürfnisse und die Zahl der Menschen, die sich in Not befinden und auf Hilfe angewiesen sind", erklärt Wiggerthale. Ein bedarfsgerechter Ansatz umfasse auch die Qualität der Nahrungsmittel und den Anspruch, die Menschen in die Lage zu versetzen, sich während und direkt nach einer Krise selbst zu ernähren. Um die Wirksamkeit der Nahrungsmittelhilfe zu überprüfen, sei zudem mehr Transparenz und eine verbesserte Rechenschaftspflicht erforderlich.

Hintergrund:

  • Die Nahrungsmittelkonvention wurde 1967 verabschiedet und 1999 zum letzten Mal neu verhandelt.
  • Die Nahrungsmittelkonvention ist ein internationales Instrument von acht Gebern: Australien, Argentinien, Kanada, Europäische Union, Japan, Norwegen, Schweiz und USA.
  • Gegenwärtig umfassen die Nahrungsmittelhilfe-Zusagen ca. fünf Millionen Tonnen pro Jahr. Damit kann etwa 30 Millionen Menschen pro Jahr geholfen werden.
  • Die Verteilung der Nahrungsmittelhilfe ist den Geberländern überlassen, die Verteilung über eine multilaterale Instanz wird allerdings bevorzugt. Nahrungsmittelhilfe-Zusagen im Rahmen der Konvention sind deshalb ein wichtiger Teil der Aktivitäten des Welternährungsprogramms (WFP).
  • Der Nahrungsmittelhilfeausschuss, der für die Verwaltung und Überwachung der Konvention verantwortlich ist, ist gegenwärtig beim Internationalen Getreiderat (International Grains Council) angesiedelt. Kanada hat aktuell den Vorsitz. Die meisten Mitglieder haben ihre Verpflichtungen eingehalten.