Trotz besseren Wissens setzen die Agrarminister weiter auf fehlgeschlagene Politiken und ein­seitige Produk­tions­steigerungen, anstatt die Ursachen für die enormen Preis­steigerungen von Nahrungsmitteln zu bekämpfen.Marita Wiggerthale
Oxfams Agrarexpertin

Die Entwicklungsorganisation Oxfam ist enttäuscht vom vorab bekannt gewordenen Entwurf der Erklärung der G20-Agrarminister, die sich nächsten Mittwoch in Paris treffen werden.

„Nachdem die G20-Agrarminister mit großen Ambitionen gestartet waren, droht das nun eine echte Bruchlandung zu werden. Im Erklärungsentwurf werden die Warnzeichen eines aus dem Ruder gelaufenen Ernährungssystems völlig ignoriert. Trotz besseren Wissens setzen die Agrarminister weiter auf fehlgeschlagene Politiken und einseitige Produktionssteigerungen, anstatt die Ursachen für die enormen Preissteigerungen von Nahrungsmitteln zu bekämpfen“, kritisiert Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale. Zu den Ursachen der Preissprünge zählten der Klimawandel, die derzeitige Biosprit-Politik, exzessive Nahrungsmittelspekulation und Exportbeschränkungen.

Wesentliche Schwachpunkte des Entwurfs der G20-Agrarerklärung nach Ansicht von Oxfam:

  • Die Agrarminister ignorieren die Empfehlungen der internationalen Organisationen, die Biosprit-Politiken abzubauen und verkennen deren Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion, die Preisvolatilität oder die Umwelt. „Einfach schlecht!“, bewertet Wiggerthale diesen Punkt.
  • Die Erklärung ignoriert die vielfältigen Benachteiligungen von Frauen, die Frage der knapper werdenden natürlichen Ressourcen und deren Nutzung, die Umweltzerstörung und die Machtungleichgewichte in den Lieferketten. „Grundlegende strukturelle Probleme im Ernährungssystem werden somit nicht aufgegriffen“, kritisiert Wiggerthale.
  • Die Agrarminister überlassen die Initiative zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation allein den Finanzministern. „Die Gefahren für Bäuerinnen und Bauern sowie Verbraucher/innen, insbesondere in armen Ländern, drohen aus dem Blick zu geraten“, so Wiggerthale.

Einer der Lichtblicke der Erklärung sei die Verbesserung der verfügbaren Agrar-Informationen zur Entwicklung der Produktion, des Verbrauchs und der Lagerbestände (Agrarmarktinformationssystem, AMIS) sowie die Einrichtung eines reaktionsschnellen Krisenforums bei drohenden Nahrungsmittelkrisen (Rapid Response Forum, RRF). Allerdings blieben Aspekte wie Mandat, die Rolle des Privatsektors und die Beteiligung der Nicht-G20-Länder unklar. „Wenn hier nicht nachgebessert wird, könnte dieser an sich gute und wichtige Aspekt verpuffen und die angestrebte höhere Transparenz der Agrarmärkte bliebe aus“, warnt Wiggerthale.

In der weltweiten Kampagne „Mahlzeit! – Ein Planet. 9 Milliarden. Alle satt.“ fordert Oxfam einen grundlegenden Wandel – hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft, einem neuen ökologischen Zeitalter und mehr Verteilungsgerechtigkeit bei Nahrungsmitteln.

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Oxfams Mahlzeit!-Kampagne