Die Bundes­regierung ignoriert mit ihrem Haushalts­beschluss den Willen einer Mehrheit des Deut­schen Bundes­tages.Tobias Hauschild
Experte für Entwicklungs­finanzierung bei Oxfam Deutschland

Laut Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt 2012 will die Bundesregierung im nächsten Jahr 114 Millionen Euro mehr für den Entwicklungsetat ausgeben. „Diese Erhöhung ist völlig unzureichend, um Deutschlands entwicklungspolitische Versprechen zu erfüllen“, urteilt Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland.

„Bei den Entwicklungshilfeleistungen der Bundesregierung grüßt jährlich das Murmeltier: Immer wieder eine neue, herbe Enttäuschung“. Um bis 2015, wie zugesagt, eine Entwicklungshilfe-Quote von 0,7% des Bruttonationaleinkommens zu erreichen, müssten die Entwicklungshilfeleistungen in den kommenden vier Jahren pro Jahr um durchschnittlich über 2 Milliarden Euro steigen. Das Geld müsse vor allem in den Etat des Entwicklungsministeriums (BMZ) fließen. 2010 betrug die deutsche Quote laut OECD kümmerliche 0,38%.

Bundesregierung ignoriert Mehrheitswillen des Bundestages

In einem parteiübergreifenden entwicklungspolitischen Konsens haben sich bislang 359 Parlamentarierinnen und Parlamentarier – mehr als die Hälfte der Abgeordneten des Bundestages – dafür ausgesprochen, das 0,7%-Ziel zu erreichen, und dementsprechend verlangt, die Entwicklungshilfe-Mittel deutlich zu erhöhen. „Die Bundesregierung ignoriert mit ihrem Haushaltsbeschluss den Willen einer Mehrheit des Deutschen Bundestages und nicht zuletzt eines erheblichen Teils der Regierungskoalition“, so Hauschild.

Für eine Steuer gegen Armut

Laut Hauschild böten sich neue Finanzierungswege geradezu an. Insbesondere sollten zukünftige Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer in die Armutsbekämpfung fließen.

Die Chancen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer stünden nach dem Kurswechsel der EU-Kommission so gut wie nie. „Frau Merkel muss sich endlich für eine solche Steuer gegen Armut stark machen und dem Willen der Mehrheit der Abgeordneten gerecht werden“, fordert Hauschild.