Nach den heute veröffentlichten Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist die weltweite öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) von 133,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2011 auf 125,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 gesunken. Inflationsbereinigt bedeutet dies einen Rückgang um 4 Prozent. Damit kürzten die reichen Länder bereits zum zweiten Mal in Folge ihre Entwicklungshilfe, nachdem diese bereits 2011 gesunken war.

Insgesamt fünfzehn Länder kürzten ihre Mittel für Entwicklungszusammenarbeit. Am drastischsten fielen die Kürzungen in den von der Eurokrise betroffenen Ländern Spanien, Italien, Griechenland und Portugal aus, aber z.B. auch Frankreich, die Niederlande und Belgien nahmen Kürzungen vor. Die Zusage reicher Länder, bis 2015 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklung auszugeben, gerät damit in den meisten Ländern endgültig außer Reichweite.

Insbesondere die ärmsten Länder (Least Developed Countries/LDCs) sind von diesen Kürzungen betroffen. Hier kamen 2012 12,8 Prozent weniger an als im Vorjahr. Die bilaterale Entwicklungshilfe für Afrika sank um 9,9 Prozent.
 
„Diese Kürzungen könnten Leben kosten“, erklärt Jörn Kalinski, Kampagnenleiter bei Oxfam Deutschland. „Denn für Menschen in armen Ländern bedeutet weniger Entwicklungsfinanzierung häufig weniger Zugang zu Trinkwasser, Nahrungsmitteln und lebensrettenden Medikamenten.“

Deutschland kürzt Entwicklungshilfe

Die deutschen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit sind 2012 im Vergleich zum Vorjahr von 14,09 auf 13,1 Milliarden US-Dollar gesunken und liegen damit nur noch bei 0,38 Prozent des BNE.

„Diese Enttäuschung ist nur ein bitterer Vorgeschmack“, warnt Kalinski. „Der Trend setzt sich in diesem Jahr fort. Gegenüber 2012 beläuft sich der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der den größten Posten der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit ausmacht, für 2013 auf 87 Millionen Euro weniger und auch für 2014 hat die Bundesregierung bereits weitere Kürzungen eingeplant.“  

Dass es anders geht, beweist u.a. das Vereinigte Königreich: Entgegen dem Trend erhöhte Großbritannien trotz wirtschaftlicher Rezession für das Finanzjahr 2013/14 sein Entwicklungshilfebudget und wird damit das 0,7-Prozent-Ziel erreichen. „Darin zeigt sich deutlich, dass Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit eine politische Entscheidung und kein budgetärer Zwangsautomatismus sind“, so Kalinski. „Es ist eine Frage der Prioritäten und des politischen Willens.“

Mehreinnahmen aus Finanztransaktionssteuer für Entwicklung nutzen

Laut Berechnungen der EU-Kommission könnte die geplante Finanztransaktionssteuer allein in Deutschland jährlich Einnahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro erbringen. Oxfam fordert, dass Teile dieser Mehreinnahmen jetzt umso dringender in die Entwicklung in armen Ländern fließen müssen. „Schon vor den aktuellen ODA-Kürzungen hat die Finanzkrise die Haushalte vieler armer Länder enorm belastet, gleichzeitig kämpfen sie mit gestiegenen Nahrungsmittelpreisen und den immensen Kosten des Klimawandels. Dies ist wirklich keine passende Gelegenheit für reiche Länder, um auf Kosten der Menschen in armen Ländern die eigenen Finanzhaushalte zu sanieren“, mahnt Kalinski.