Das EU-Parlament hat heute den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Versteigerung neuer CO2-Gutschriften im europäischen Emissionshandel zu verzögern, abgelehnt und zurück an den Umweltausschuss des EU-Parlaments verwiesen. Mit dem Vorschlag sollte der Preisverfall der Verschmutzungsrechte stabilisiert werden. Die Abstimmung kommentiert Jan Kowalzig, Klima-Experte bei Oxfam Deutschland:

„Wir sind entsetzt! Die rückwärtsgewandten Industrien und ihre politischen Verbündeten  haben sich im EU-Parlament durchgesetzt. Dass der Vorschlag an den EU-Umweltausschuss zurückverwiesen wurde, bedeutet mindestens eine erhebliche Verzögerung und lässt zweifeln, ob Europa jemals sein zentrales Klimaschutzinstrument wieder auf die Beine stellt. Wirtschaftsminister Philipp Rösler bekommt seinen Willen: Klimafreundliche Investitionen sollen sich auch weiter nicht lohnen.Der Klimaschutz in Europa liegt am Boden. Das sind schlimme Nachrichten für die Menschen in den armen Ländern, wo der Klimawandel jetzt schon die Ernten vertrocknen lässt. Auch die deutsche Energiewende fährt gegen die Wand, wenn der Emissionshandel nicht repariert wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss jetzt dringend ihren Wirtschaftsminister zur Vernunft bringen, damit er seine verantwortungslose Blockadehaltung endlich aufgibt.“

Hintergrund

Seit fast zwei Jahren befindet sich der europäische Emissionshandel in einer tiefen Krise. Es werden mehr als zwei Milliarden CO2-Gutschriften zu viel gehandelt, die den Preis für die Verschmutzungsrechte drücken. Das liegt zum Teil an laxen Zuteilungsregeln, einer Schwemme von Klimaschutzgutschriften aus oft fragwürdigen Projekten in den Schwellenländern, aber auch an der Wirtschaftskrise.

Die Folge ist, dass sich klimafreundliche Investitionen der Wirtschaft nicht mehr lohnen. Gleichzeitig sinken auch die Einnahmen der Bundesregierung für den Energie- und Klimafonds (EKF), mit dem die Energiewende flankierend finanziert wird. Zurzeit hat der EKF ein Volumen, das um zwei Drittel geringer ist, als ursprünglich geplant war.

Die EU-Kommission hatte im Herbst vergangenen Jahres vorgeschlagen, die Versteigerung von 900 Millionen neuen CO2-Gutschriften zeitlich zu verzögern, um so das Angebot zu verknappen und den Preisverfall der Zertifikate zu stabilisieren. In der heutigen Abstimmung hat das EU-Parlament den Vorschlag abgelehnt und zur erneuten Bearbeitung zurück an den Umweltausschuss verwiesen. Damit wird die Reparatur des Emissionshandels zumindest deutlich verzögert, ob sie überhaupt kommt, ist ungewiss.

Allgemein gilt der Vorschlag der EU-Kommission als ein erster Schritt einer grundlegenderen Reform, mit der der Emissionshandel seine Funktion als zentrales Klimaschutzinstrument der EU wieder ausfüllen soll. Bis heute hat sich die Bundesregierung wegen des Widerstands des Wirtschaftsministers nicht durchringen können, den Kommissionsvorschlag zu unterstützen und lähmt damit den Fortschritt in der gesamten EU.