10 Jahre danach: Bericht analysiert Gründe für Spendenbereitschaft und Ansätze, um humanitäre Hilfe weiter zu verbessern

Anlässlich des zehnjährigen Jahrestages des Tsunamis im Indischen Ozean zieht die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam ein positives Fazit der damaligen humanitären Hilfsanstrengungen. Diese hätten Leben gerettet und den betroffenen Menschen die Mittel an die Hand gegeben, sich eine neue Zukunft aufzubauen. Der aktuelle Oxfam-Bericht „The Indian Ocean Tsunami, 10 Years On“ dokumentiert, was möglich ist, wenn die Katastrophenhilfe ausreichend finanziert ist. Die Untersuchung geht zugleich der Frage nach, warum die Spendenbereitschaft bei einigen Katastrophen groß und bei anderen gering ist. Zudem beschreibt der Bericht, in welchen Bereichen das System der humanitären Hilfe verbessert werden muss.

Spendenbereitschaft ist bei Naturkatastrophen besonders groß

Dem Bericht zufolge erklärt sich die große Spendenbereitschaft nach dem Tsunami 2004 aus mehreren Faktoren. So handelte es sich um eine plötzlich in das Leben hineinbrechende Naturkatastrophe. In solchen Fällen ist das Spendenvolumen im Schnitt drei Mal größer als bei menschengemachten Krisen und Konflikten. Zudem war die Empathie mit den betroffenen Menschen, deren Heimat viele westliche Touristen aus dem Urlaub kannten, besonders groß. Weiter herrschte bei Spender/innen der Eindruck, ihr Beitrag würde einen Unterschied machen. Hinzu kommen das schiere Ausmaß der Katastrophe, das zeitliche Zusammenfallen mit Weihnachten sowie die intensive Medienberichterstattung. 40 Prozent der Beiträge konzentrierte sich auf betroffene westliche Touristen, obwohl sie nur 1 Prozent der bei der Katastrophe Getöteten ausmachten. Der Tsunami war auch die erste Katastrophe, die über Mobiltelefone festgehalten und verbreitet wurde.

Der Tsunami führte in 14 Ländern zu verheerenden Verwüstungen, von denen mindestens 5 Millionen Menschen betroffen waren. Schätzungen gehen von 230.000 Todesopfern aus, 1,7 Millionen Menschen wurden obdachlos. „Wir konnten durch die Vielzahl und Höhe der Spenden in den betroffenen Regionen insgesamt 2,5 Millionen Menschen unterstützen, zunächst durch unmittelbare Nothilfe, später beim Wiederaufbau und durch einkommensschaffende Maßnahmen“, berichtet Robert Lindner, Experte für Humanitäre Hilfe bei Oxfam Deutschland.

Lücken im System humanitärer Hilfe schließen

Die beispiellose humanitäre Hilfsanstrengung im Zuge des Tsunamis offenbarte allerdings auch Lücken im System der humanitären Hilfe, das im Ergebnis jedoch gestärkt aus dieser Erfahrung hervorging.  Eine wichtige Lehre aus dem Tsunami war es, die zerstörte Infrastruktur so wiederaufzubauen, dass sie künftig gegenüber Naturkatastrophen weniger anfällig ist. Auch wurde in den betroffenen Gemeinden der Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessert. „Trotzdem sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit humanitärer Hilfe zu verbessern“, so Lindner. Hierzu zählen insbesondere eine bessere Koordination, ein bewussteres Eingehen auf die Bedürfnisse marginalisierter und verletzlicher Bevölkerungsteile, eine gezieltere Einbindung und Stärkung der lokalen Zivilgesellschaft sowie eine stärkere Berücksichtigung bestehender gesellschaftlicher Konflikte.