In den nördlichen Gebieten Jemens gehen die Benzinvorräte bald zu Ende. Diesel, der unter anderem für den Betrieb von Wasserpumpen und den Transport von Hilfsgütern erforderlich ist, reicht noch maximal für acht Tage. Das Wasserministerium erklärt, bereits sieben Städte hätten keinen Treibstoff mehr, in zwei weiteren reiche der Vorrat nur noch wenige Tage. An zentralen Orten wie dem Hafen von Hodeidah ist die Wasserversorgung von den Treibstoffvorräten der Vereinten Nationen abhängig. Hilfsorganisationen unterstützen die vorhandenen Systeme zur Wasserversorgung, doch wenn Treibstoff noch knapper und teurer wird, ist dies immer weniger möglich.

Wenn die Militärkoalition nicht umgehend die Blockade der nördlichen Häfen aufhebt, werden als Folge der Treibstoffknappheit innerhalb der nächsten acht Tage vier von fünf Menschen im Jemen ohne Zugang zu sauberem Wasser sein. Eine solch gravierende Einschränkung der Wasserversorgung könnte einen erneuten Anstieg von Cholera-Fällen  zur Folge haben. Die Krankheit hatte sich seit April mit zuletzt 950.000 Verdachtsfällen massiv ausgebreitet, war in den vergangenen Wochen aber zurückgegangen.

Shane Stevenson, Oxfams Länderdirektor im Jemen, erklärt: „Die Menschen im Jemen leiden bereits seit Monaten an Hunger, jetzt droht die Blockade weitere Millionen Menschen von der Wasserversorgung abzuschneiden. Und das in einer Situation, in der viele mit den Folgen der Cholera-Epidemie zu kämpfen haben. Das ist ein Akt äußerster Barbarei. Die Bestrafung von Zivilisten ist niemals gerechtfertigt. Das sind normale Menschen, deren Leben in diesem brutalen Stellvertreterkrieg zerrieben wird. Die Menschen können nicht mehr. Die Blockade muss enden, sonst gibt es eine Katastrophe.“

Die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition hatte am 6. November die Häfen im Norden des Landes vollständig blockiert, am 23. November jedoch erklärt, diese für Hilfsgüter wieder zu öffnen. Doch ohne Treibstoff können Hilfsgüter nicht transportiert, Generatoren in Krankenhäusern nicht betrieben und Wasserpumpen nicht am Laufen gehalten werden. Die humanitäre Situation dürfte sich daher kaum verbessern. Die Treibstoffknappheit hat auch gravierende Auswirkungen auf Oxfams Arbeit. In den Distrikten Khamer und Amran, wo es seit April 174 Todesfälle durch Cholera gab, sind bereits 31.000 Menschen von der Wasserversorgung abgeschnitten.

Den Vereinten Nationen zufolge droht derzeit sieben Millionen Menschen der Hungertod. Ohne eine Aufhebung der Blockade werde das Land die schlimmste Hungersnot erleben, die es auf der Welt in der jüngeren Vergangenheit gab.