Vor fast genau einem Jahr – am 25. August 2017 – begann die Flüchtlingsbewegung der in Myanmar lebenden Rohingya ins benachbarte Bangladesch. Seitdem haben die Regierung von Bangladesch und Hilfsorganisationen mehr als 700.000 Rohingya mit Nothilfemaßnahmen unterstützt. Doch das Tempo, mit dem das größte Flüchtlingscamp der Welt entstanden ist, brachte enorme Herausforderungen mit sich.

„Die rasante Geschwindigkeit, mit der sich die Rohingya-Flüchtlingskrise entwickelte, führte dazu, dass viele Noteinrichtungen in Eile installiert und die spezifischen Bedürfnisse von Frauen nicht berücksichtigt wurden. Dies hatte gravierende Folgen für Gesundheit und Sicherheit von Frauen und Mädchen“, sagt Dorothy Sang, Oxfams Expertin für humanitäre Hilfe in der südöstlichen Provinz Cox‘s Bazar in Bangladesch.

Desolate hygienische Situation für Frauen und Mädchen

Oxfam hat mit zahlreichen Frauen und Mädchen unter den Geflüchteten über die hygienische Situation gesprochen. Ihre Antworten sind alarmierend:

  • Mehr als ein Drittel der von Oxfam und seinen Partnerorganisationen befragten Frauen gab an, dass sie sich nicht sicher oder nicht wohl fühlen würden, Wasser zu holen oder Toiletten und Duschkabinen zu benutzen ­– von denen viele kein Dach oder keine abschließbare Tür haben.
  • Die Hälfte der Frauen und drei Viertel der heranwachsenden Mädchen sagten, sie hätten nicht die nötigen Dinge, die sie während ihrer Periode benötigen. Dazu gehört unter anderem ein ausschließlich für Frauen zugänglicher Ort, um Hygienetücher waschen zu können, ohne dabei in Verlegenheit zu geraten.
  • Um einen Toilettengang zu vermeiden, essen und trinken die Frauen und Mädchen weniger und bleiben hungrig und durstig. Da sie sich nicht erleichtern können oder unhygienische Textilien benutzen, leiden sie häufig an Bauchschmerzen und Infektionen. In ihrer Not verrichten sie ihren Stuhlgang in der Nähe ihrer Zelte, was das Risiko erhöht, dass sich Krankheiten ausbreiten – vor allem während des Monsuns.
  • Unzureichende sanitäre Einrichtungen erhöhen auch das Risiko von Belästigung und sexuellem Missbrauch. Jede Woche werden hunderte Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt gemeldet.

Eine von sechs Familien in den Rohingya-Camps wird von alleinerziehenden Müttern geführt, deren Ehemänner vermisst oder tot sind. Sie müssen in der Folge öffentliche Rollen einnehmen, die kulturelle und religiöse Annahmen über den Platz von Frauen in der Gesellschaft in Frage stellen. Oxfam fordert, dass mehr für diese schutzbedürftigen Frauen getan wird. So müssen sie beim Abholen von Hilfspaketen unterstützt werden, zudem braucht es einen stärkeren gesellschaftlichen Dialog über die traditionellen Rollen von Männern und Frauen.

Oxfam arbeitet vor Ort für mehr Sicherheit und Schutz

Oxfam arbeitet vor Ort mit lokalen Organisationen zusammen, um Frauen und Mädchen besser zu schützen. Beispielsweise installieren Oxfam und seine Partner solarbetriebene Leuchten entlang der Wege und verteilen tragbare Solarlampen. Gemeinsam mit Geflüchteten werden zudem neue sanitäre Anlagen entwickelt. Diese sollen abschließbare Türen und Sichtblenden haben, um Privatsphäre zu gewährleisten, sowie Ablageflächen für Kleidung, damit diese nicht auf dem schlammigen Boden liegen muss. Darüber hinaus organisiert Oxfam Frauengruppen, in denen über Themen wie Geschlechterrollen oder frühes Heiraten gesprochen werden kann.

„Die Regierung von Bangladesch hat großes Lob dafür verdient, dass sie den Rohingya Zuflucht gewährt hat. Gemeinsam fordern wir Myanmar dazu auf, die diskriminierende Politik zu ändern, die diese Krise verursacht hat“, sagt Dorothy Sang.

Beinahe eine Million Rohingya ist nach Bangladesch geflüchtet, nachdem sie in Myanmar vom Militär verfolgt wurden, was von der UN als „ethnische Säuberung“ bezeichnet wurde.