Statt auf angemessene Prävention zu setzen, konzentriert sich die griechische Regierung fast ausschließlich darauf, die Bewegungsfreiheit der Menschen in den Flüchtlingscamps einzuschränken. Diese Maßnahmen unterstützen Griechenlands Pläne, alle Flüchtlingscamps auf ihren Inseln in geschlossene Zentren umzuwandeln, in denen Schutzsuchende de facto inhaftiert werden. Dies beschreiben Oxfam und GCR im neuesten „Lesbos Bulletin", einem regelmäßig erscheinenden Nachrichten-Update zum EU-Hotspot Moria.

Grundlage dafür sind die in diesem Jahr eingeführten neuen Regelungen. Seither ist die sogenannte Verwaltungshaft für Asylsuchende nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel.  In Verbindung mit beschleunigten Asylverfahren birgt dies die Gefahr, dass die grundlegende europäische Verpflichtung zum Schutz von Asylsuchenden und zur Verhinderung der Abschiebung von Menschen an Orte, an denen ihr Leben oder ihre Gesundheit in Gefahr sind, untergraben wird.

„Wir sind äußerst besorgt, dass die Europäische Kommission und die EU-Regierungen die Fehler, die in Griechenland gemacht werden, nun auch noch als Inspiration und Blaupause für die bevorstehende EU-Asylreform nutzen. Die Situation auf den griechischen Inseln zeigt Tag für Tag, dass der 2015 eingeführte Hotspot-Ansatz gescheitert ist“, erklärt Raphael Shilhav, Oxfams Experte für die EU-Migrationspolitik.

„Die Pandemie ist eine schwierige Zeit für uns alle, aber sie ist eine noch größere Krise für diejenigen, die in den Flüchtlingscamps an den Grenzen Europas gestrandet sind. Familien, die in überfüllten und unhygienischen Camps zusammengepfercht sind, haben keine Möglichkeit, physisch Abstand zu halten und die empfohlenen Hygienepraktiken zu befolgen, wie zum Beispiel das regelmäßige Händewaschen“, sagt Natalia-Rafaella Kafkoutsou, Asylrechts-Expertin des Griechischen Flüchtlingsrat.

Oxfam und GCR fordern die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, sich auf eine Asylreform zu verständigen, die auf einer fairen Aufteilung der Verantwortung zwischen allen EU-Mitgliedstaaten beruht. Die Vorschläge der Kommission müssen die Menschenrechte stärken und dürfen sie nicht schwächen, im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und entsprechenden Gesetzen zum Flüchtlingsschutz.

 

Weiterführende Informationen:

  • Angesichts einer möglichen zweiten COVID-19-Welle wandte das Ministerium für Migration und Asyl zusätzliche restriktive Maßnahmen auf die Flüchltingscamps an und verlängerte die dortigen Ausgangssperren bis zum 15. September.
  • Am 20. August lebten 634 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf der Insel Lesbos. Von diesen hat nur jeder fünfte Jugendliche (166) Zugang zu einer Unterkunft, die Mehrheit (60%) befindet sich in überfüllten Abschnitten des Hotspots, während 55 außerhalb des Camps im sogenannten „Olivenhain“ schlafen.
  • Stand Ende August sind mehr als 24.000 Schutzsuchende in den gefährlichen und teilweise menschenunwürdigen Unterkünften in den sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln gefangen. Allein in dem Camp auf Moria leben 12.000 Menschen auf engstem Raum zusammen; das Camp war ursprünglich für weniger als 3.000 Personen ausgelegt.