Apple, Nike und viele weitere große Konzerne schaffen ihre Gewinne in Steueroasen und umgehen so Steuerzahlungen in Millionen- und Milliardenhöhe. So können wir es in den Enthüllungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) mit den „Paradise Papers“ lesen. Über die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen zahlen Apple und Co. nur geringe Steuersätze auf ihre Gewinne. Wahrlich ein Paradies – für die Konzerne.

Nicht so paradiesisch ist diese dreiste Form der Steuervermeidung für die Menschen in jenen Ländern, in denen die Konzerne ihre Gewinne erwirtschaften. Indem die Konzerne sich dort um ihren fairen Steuerbeitrag drücken, bringen sie die Menschen um Millionen und Milliarden Dollar.

Allein den EU-Ländern entgehen durch Steuervermeidung von Konzernen Jahr für Jahr dreistellige Milliardenbeträge. Entwicklungsländer verlieren nach Schätzungen mindestens 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Das Geld fehlt in den Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssystemen der Länder. Es fehlt in Schulen, in Krankenhäusern und bei der Unterstützung der Ärmsten.

Regelmäßig zeigen Enthüllungsjournalisten, wie sich internationale Konzerne vor ihrem fairen Beitrag zum Allgemeinwohl drücken, und regelmäßig unterlassen es Regierungen, daraus Konsequenzen zu ziehen.
Tobias Hauschild, Steuerexperte von Oxfam Deutschland

Forderungen an die Politik

Dabei zeigt der Steuerskandal um die „Paradise Papers“ nur die Spitze des Eisbergs internationaler Steuervermeidung (eine Übersicht früherer Berichte von Oxfam zur Steuervermeidung von Konzernen finden Sie unten.) Und gerade deshalb müssen die Enthüllungen ein Weckruf sein. Auch für die deutsche Bundesregierung und die Regierungen anderer EU-Staaten. Sie müssen der weltweiten Steuervermeidung endlich energisch entgegentreten und die Schlupflöcher schließen, die sich Konzerne zu Nutze machen, um sich vor ihrem fairen Steuerbeitrag zu drücken.

Hierfür brauchen wir zunächst Transparenz. Transparenz, für die die Politik sorgt – nicht Journalist/innen und Whistleblower unter großem persönlichem Risiko. Erste Schritte in die richtige Richtung wären zum einen öffentliche Transparenzregister, in denen Eigentümer, begünstigte und verantwortliche Personen von Konzernen aufgeführt sind. Zum anderen eine Pflicht zur öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung von Konzernen. Damit müssten sie offenlegen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften und in welcher Höhe sie darauf Steuern zahlen. Der bisherige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat einen entsprechenden Vorschlag auf EU-Ebene jedoch massiv blockiert.

Zudem brauchen wir Schwarze Listen von Steueroasen. Wirksame Schwarze Listen, die mit Sanktionen verbunden sind. Auf ihnen müssen auch jene Länder stehen, die mit minimalen Steuersätzen den internationalen Steuerwettlauf anheizen. Die EU wird im Dezember eine Schwarze Liste von Steueroasen veröffentlichen. Das ist per se gut – aber nur, wenn diese Schwarze Liste tatsächlich alle Steueroasen umfasst. Und nicht aussieht wie jene Liste, die zum G20-Gipfel in Hamburg verabschiedet wurde. Darauf befand sich genau ein Land: Trinidad und Tobago.

Die Politiker müssen endlich aufhören mit diesem Durchwursteln, das nur einer Seite nutzt: den Konzernen. Den Startschuss dafür können jetzt die Koalitionsverhandlungen geben. Die verhandelnden Parteien können – und müssen – endlich Verantwortung übernehmen.

Frühere Berichte

Bereits in früheren Berichten hatte Oxfam auf die internationale Steuervermeidung von Konzernen verwiesen:

  • 2012 haben US-Konzerne allein in Bermuda mehr als 80 Milliarden US-Dollar Gewinn gemeldet – mehr als in Japan, China, Deutschland und Frankreich zusammen: Still broken
  • In einer Analyse von 200 weltweit führenden Unternehmen hat sich herausgestellt, dass neun von zehn mindestens eine Niederlassung in einer Steueroase haben: An economy for the 1%
  • Auf den Britischen Jungferninseln steht 830.000 registrierten Unternehmen gerade einmal 27.000 Einwohner gegenüber: Even it up
  • 2015 haben europäische Banken Millionenprofite in Steueroasen angemeldet, in denen sie nicht einmal Personal beschäftigen. So will etwa die französische Bank BNP Paribas ohne einen Angestellten vor Ort 134 Millionen Euro auf den Kaimaninseln verdient haben: Unter Verdacht: Drücken sich Banken um Beitrag zum Gemeinwohl?
  • Das schlechte Beispiel der Steueroasen macht Schule: Betrug der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz der G20 vor 25 Jahren noch 40 Prozent, liegt er heute unter 30: Oxfam enthüllt die 15 schlimmsten Steueroasen