Samia lebt mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern in Filippiada im Nordwesten Griechenlands. Sie wartet darauf, auch wieder mit ihren anderen beiden Kindern zusammen sein zu können, die sich zurzeit in Deutschland befinden. Ihren Sohn hat sie seit zwei Jahren, ihre Tochter seit sechs Monaten nicht mehr gesehen. Sie vermisst ihre Kinder sehr und wäre gerne wieder mit ihnen vereint.

Unzumutbare Bedingungen

Samia und ihre Familie sind kein Einzelfall. Tausende müssen unter unzumutbaren Bedingungen auf den griechischen Inseln ausharren, dürfen nicht aufs Festland – geschweige denn in andere europäische Staaten, wo ihre Familien auf sie warten. Sie erhalten praktisch keine Möglichkeit, zu ihren Verwandten in anderen europäischen Ländern zu ziehen. Sie sitzen fest. Der Grund: Die europäische Abschottungspolitik, die für die meisten Geflüchteten kaum legale und sichere Möglichkeiten schafft, zu ihren Familienangehörigen in anderen EU-Staaten zu gelangen – und das, obwohl der Schutz der Familie in vielen Staaten und Kulturen weltweit fest verankert ist.

Najat floh mit nur wenigen Familienmitgliedern aus der Stadt Afrin im Norden Syriens und lebt nun in Epirus in Griechenland. Sie sehnt sich danach, nicht länger getrennt von ihrem ältesten Sohn leben zu müssen, der 2016 nach Deutschland gekommen ist.

Mein lieber Sohn Mohannad, wie geht es Dir? Bist Du gesund? Ich bin’s, Deine Mutter. Gott sei Dank, dass es uns allen gut geht und ich nichts vermisse, außer Dich und Deine Brüder. Wie steht es um Deine Gesundheit und um alles andere? Lass etwas von Dir hören.
Najat an ihren Sohn Mohannad

Najat aus Syrien
Najat aus Syrien

 

Die europäischen Regierungen müssen handeln

Auch Hazem, ein 20-jähriger asylsuchender Syrier, der zurzeit in Griechenland lebt, beschreibt seine Gefühle, die ihn durch die Trennung mit seiner Familie beschäftigen. Er richtet eine starke Botschaft an die europäischen Regierungen:

Hazem aus Syrien
Hazem aus Syrien

„Ich habe Kontakt mit meiner Familie: meiner Mutter, die mit meinem kleinem Bruder in Syrien zurückgeblieben ist, meinen Brüdern, die in Deutschland sind, und meiner Schwester, die in einem Camp in Konitsa lebt. Meine Brüder habe ich seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Meine Mutter seit beinahe eineinhalb Jahren nicht mehr. Wir hatten keine Möglichkeit, meine Mutter und meinen kleinen Bruder mit nach Europa zu nehmen oder auch nur in die sicheren Gebiete von Syrien zu bringen. (…)

Ehrlich gesagt vermisse ich meine Mutter am meisten. Ich vermisse ihre Umarmungen, ihre Anwesenheit in unserem Zuhause, ihr leckeres Essen und überhaupt alles, was mit ihr zu tun hat. Ich stecke immer noch in Griechenland fest. Ich habe den großen Wunsch, mein Medizinstudium fortzusetzen, das durch den Konflikt unterbrochen wurde. Ebenso möchte ich Kulturen und Religionen studieren, erfahren, wie sie sich gegenseitig beeinflussen und wie man sich Menschen mit unterschiedlicher Herkunft nähert. (...) Als nächstes möchte ich eine neue Sprache lernen und mich in die Gesellschaft integrieren. Es ist schwierig, gelassen zu bleiben. Ich sorge mich um den Rest meiner Familie, was wirklich herausfordernd ist. Meine Botschaft an die europäischen Regierungschefs: Wir sind immer noch Menschen, bitte, unterstützen Sie die Zusammenführung von Familien und geben Sie diesem Thema eine größere Bedeutung. (…) Die Menschen leiden unter der Trennung von ihren Familien und ich bin einer von ihnen.“

Oxfams Forderungen

Es kann nicht angehen, dass Regierungen von EU-Staaten Menschen wie Hazem und Najat und all die anderen teils aus bürokratischen Gründen und teils vorsätzlich ihr Recht auf ein Leben mit ihren Familien länger vorenthalten. Die Bundesregierung steht hier besonders in der Pflicht: Vor fast zwei Jahren hat sie das Recht auf Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz auf Eis gelegt. Diese Regelung läuft im März 2018 regulär aus – wir fordern die politisch Verantwortlichen dazu auf, den Familiennachzug dann wieder ohne Einschränkungen zuzulassen.