Würde man die EU-Kriterien konsequent anwenden, müssten eigentlich 35 Nicht-EU-Staaten als Steueroasen gelten. Das hatte Oxfam letzte Woche in dem Bericht „Blacklist or Whitewash“ gezeigt.

Es ist schwer nachvollziehbar, dass sich viele notorische Steueroasen nun auf die „Graue Liste“ retten konnten. Immerhin ist es der EU aber gelungen, Ländern wie der Schweiz und Bermuda Reformen abzuringen. Die Graue Liste darf allerdings kein dauerhaftes Rettungsboot sein; ohne zeitnahe Reformen müssen die Länder auf die Schwarze Liste überführt werden. Für die Länder, die schon auf der Schwarzen Liste stehen, muss es nun um geeignete Gegenmaßnahmen, beispielsweise Sanktionen, gehen.

Wer Steueroasen wirklich austrocknen will, darf nicht mit zweierlei Maß messen.
Tobias Hauschild
Oxfam-Experte für Steuergerechtigkeit

Eine entscheidende Schwachstelle der EU-Steueroasenpolitik bleibt, dass EU-Mitgliedsstaaten außen vor bleiben. Wenn die EU ihre Mitgliedstaaten nach den nun angelegten Kriterien überprüfen würde, müssten mit Malta, Luxemburg, den Niederlanden und Irland auch vier EU-Mitglieder auf der Liste stehen.

Die EU muss der Steuervermeidung auch in Europa konsequent den Kampf ansagen. Nötig sind etwa Mindeststeuersätze und eine öffentliche Berichterstattung von Konzernen über in einzelnen Ländern erzielte Gewinne und darauf gezahlte Steuern. Die Bundesregierung blockiert bislang vehement eine entsprechende Regelung auf EU-Ebene.