„Eine europäische FTS führt zur Abwanderung von Finanzgeschäften“

Den besten Gegenbeweis für diese These liefert ausgerechnet einer der vehementesten Gegner der Finanztransaktionssteuer (FTS): Großbritannien. Die britische Steuer auf den Handel mit Aktien (die sogenannte „Stamp Duty“) beschert dem Vereinigten Königreich jährlich Einnahmen von mehr als 3 Milliarden Pfund, ohne dass diese Belastung des Londoner Handelsplatzes zu signifikanten Abwanderungen von Finanzgeschäften geführt hat.

Entscheidend ist das Design der Steuer. Schweden ging 1985 mit schlechtem Beispiel voran. Die Steuer war so schlecht ausgestaltet, dass sie 1992 wieder abgeschafft wurde. Es musste die Abwanderung von zu vielen Finanzgeschäften verbucht werden, da nur die in Schweden durchgeführten Transaktionen besteuert wurden.

Das lässt sich jedoch verhindern: Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Ansässigkeitsprinzip erschwert die Steuerumgehung erheblich, da nicht der Handelsplatz selbst, sondern die an der Transaktion beteiligten Personen oder Institutionen besteuert werden. Führte Deutschland also eine FTS ein, so müsste ein deutscher Händler die Steuer zahlen – egal wo er kauft oder verkauft. Also auch an Handelsplätzen die keine FTS eingeführt haben, z.B. in London oder Singapur. Zur Steuervermeidung müsste der Händler schon den gesamten Wohn- oder Firmensitz in ein Land ohne FTS verlegen. Eine hohe Hürde, mit der der Händler die Steuer trotzdem noch nicht gänzlich umgehen könnte. Denn weiterhin wären für ihn alle Transaktionen steuerpflichtig, die in einem Land getätigt werden, in dem es die FTS gibt.

Noch schwerer wird die Steuerumgehung durch das zusätzlich vorgesehene Ausgabeprinzip. Dieses sorgt dafür, dass alle Finanzinstitutionen und Händler die FTS zahlen müssen, sofern sie mit Finanzprodukten handeln, die ursprünglich aus einem Land kommen, in dem es die FTS gibt. Verkauft z.B. ein amerikanisches Finanzinstitut einem australischen Händler an der Börse von Singapur eine deutsche Aktie, müssen Verkäufer und Käufer die Steuer zahlen, wenn Deutschland die FTS eingeführt hat.

Fazit: Die in Schweden beobachtete Verlagerung von Geschäften lässt sich mit der konsequenten Anwendung des Ansässigkeitsprinzips und des Ausgabeprinzips weitestgehend vermeiden.

„Eine europäische FTS hat negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum“

Die durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTS) entstehenden Wachstumseinbußen werden häufig überschätzt. Analysen der EU-Kommission gehen von einer geringen Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums aus, nämlich zwischen 0,2% und 0,53% des gemeinsamen Bruttosozialprodukts (BSP) aller EU-Länder.

Dabei wurde noch nicht einmal in Betracht gezogen, dass Einnahmen aus einer FTS auch für Arbeitsplatzbeschaffung, Infrastrukturförderung etc. eingesetzt werden und damit positive Auswirkungen auf das Wachstum generieren.

Zudem gilt: Eine Bedrohung für Wachstum erwächst nicht aus einer FTS, sondern vielmehr aus einem außer Kontrolle geratenen Finanzsektor. Im Jahr 2009 ist die deutsche Wirtschaft infolge der Finanzkrise um 4,7% eingebrochen. Allein für die Rettung des deutschen Bankensektors mussten die deutschen Steuerzahler bislang rund 40 Milliarden Euro aufwenden, rund 80 Milliarden Euro flossen in die Konjunkturpakete zur Ankurbelung der Wirtschaft. Infolge der Krise ist die Staatsverschuldung in Deutschland massiv angestiegen (von 65 Prozent des BIP in 2007 auf mittlerweile rund 80 Prozent).

Fazit: Die Behauptung von Gegnern der FTS, die Steuer würde das Wirtschaftswachstum massiv senken, ist irreführend.

„Eine FTS belastet Sparer und Kleinanleger“

Die Steuerrate der Finanztransaktionssteuer (FTS) ist bewusst sehr niedrig gewählt, um Auswirkungen auf Sparvermögen und Rentenfonds möglichst klein zu halten. Zudem hängt die Belastung von der Umschlaghäufigkeit in einem Wertpapierdepot ab. Für denjenigen Anleger, der Anleihen und Aktien über einen längeren Zeitraum hält, ist die Steuer kaum spürbar. Erst bei hohen Summen oder sehr häufigem Handeln entstehen spürbare Belastungen. Eine FTS trifft vor allem den riskanten Hochgeschwindigkeitshandel, der normalweise aber nicht die konventionellen Kleinanleger trifft, sondern vielmehr Hedgefonds.

Der Finanzwissenschaftler Prof. Max Otte rechnet vor: Zahlt ein Riester-Sparer jährlich 1.200 Euro über eine Laufzeit von 20 Jahren in einen Fonds ein, so müsste er bei einer angenommenen durchschnittlichen Steuerrate von 0,05% über die gesamte Laufzeit insgesamt rund 74 Euro abführen – die Belastung durch Gebühren des Finanzanbieters läge hingegen bei rund 8.000 Euro.

Fazit: Die FTS zöge lang- statt kurzfristige Anlagestrategien nach sich, der schädliche Hochfrequenzhandel würde weniger rentabel und somit eingedämmt. So trägt die FTS dazu bei, die Finanzmärkte zu stabilisieren. Der Kleinsparer profitiert im Endeffekt von der Steuer, da der Staat Einnahmen erzielt, die der Gesellschaft zugutekommen.

„Einnahmen aus einer FTS sind unerheblich, wenn die Zahl der Transaktionen sinkt“

Gegner der Finanztransaktionssteuer (FTS) argumentieren, die Steuer würde dazu führen, dass weniger Transaktionen getätigt und damit auch weniger Einnahmen erzielt werden würden. Tatsächlich lassen sich mit der Steuer jedoch sowohl Lenkungs- als auch Einnahmewirkungen erzielen. Die Einführung der FTS wird momentan von zehn europäischen Ländern – darunter auch Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien – im Rahmen einer sogenannten verstärkten Zusammenarbeit diskutiert. Laut Einschätzung der EU-Kommission würde das momentan diskutierte Konzept in diesen zehn Ländern Einnahmen in Höhe von rund 22Milliarden Euro erzielen. Diese Schätzung berücksichtigt bereits einen Rückgang der Transaktionen.

Würde beispielsweise nur ein Teil des Geldes, das durch die FTS in Deutschland zusammenkäme, für Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern eingesetzt, könnte Deutschland endlich seiner Verpflichtung nachkommen,  die Entwicklungsfinanzierung stufenweise auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu erhöhen.

Fazit: Die FTS kann sowohl eine regulierende Wirkung entfalten als auch gleichzeitig hohe Einnahmen erzielen. Sie sollte dafür genutzt werden, den Finanzsektor an den Kosten der weltweiten Krise zu beteiligen und die Zusagen der Bundesregierung zur Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zu erfüllen.