Entscheidungen über das Leben von Kindern und Erwachsenen sollten nicht von Straßenhändlern getroffen werden.Heino Güllemann
Gesundheitsexperte bei Oxfam

Ein – auf den ersten Blick sinnvoll erscheinendes – Programm, um bezahlbare Medikamente gegen Malaria für Menschen in armen Ländern zugänglich zu machen, wirkt kontraproduktiv und widerspricht der gängigen medizinischen Ethik, warnt die Entwicklungs- und Hilfsorganisation Oxfam heute.

In dem Oxfam-Bericht „Salt, Sugar and Malaria Pills“ (Salz, Zucker und Malaria-Pillen) legt die internationale Organisation dar, dass das Programm „Affordable Medicines Facility – malaria“ (AMFm), das subventionierte Malaria-Medikamente über den freien Markt vertreibt, weder lebensrettende Wirkungen für die ärmsten Bevölkerungsgruppen noch einen positiven Einfluss auf die Bildung von Resistenzen belegen kann. Vielmehr bestehe das Risiko, dass dieses Programm knappe öffentliche Gelder aus effektiveren Ansätzen abzieht. Ein solcher Ansatz wären gezielte Investitionen in basisnahe Gesundheitsfachkräfte, mit denen die Zahl der Malariatoten beispielsweise in Äthiopien halbiert werden konnte.

Heino Güllemann, Gesundheitsexperte bei Oxfam, sagt: „Was vor Ort gebraucht wird, sind Community Health Workers, also lokale Gesundheits-Fachkräfte. Entscheidungen über das Leben von Kindern und Erwachsenen sollten nicht von Straßenhändlern getroffen werden.“

Globaler Fonds soll Förderprogramm einstellen

Trotz der Einbindung des Programms in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria befürchtet Oxfam, dass der AMFm-Ansatz, der zurzeit in acht Ländern Afrikas und Asiens erprobt wird, Budgets von effektiveren Ansätzen abzieht. Oxfam fordert, das AMFm-Programm einzustellen und appelliert an den Verwaltungsrat des Globalen Fonds, diese Entscheidung auf seiner nächsten Sitzung am 14./15. November in Genf zu fällen.

Medikamentenverkauf ohne Diagnose

Das AMFm-Programm wurde auf Anregung von Weltbank und Gates-Stiftung mit dem Ziel geschaffen, subventionierte Artemisinin-Kombinationstherapien (ACT) über den freien Markt zu vertreiben. ACT ist das derzeit wirksamste Mittel gegen Malaria. Aber der Medikamentenvertrieb durch nicht medizinisch geschulte Händler birgt hohe Risiken von Fehldiagnosen bei Fieber. Hier umso mehr, da die globalen Anstrengungen zur Bekämpfung der Malaria Früchte tragen, und Malaria immer seltener die Ursache für Fieber ist.

Die Subventionen des AMFm-Programms führen zwar zum  Anstieg der Nachfrage nach ACT, was aber vorrangig auf die kommerziellen Interessen der Händler zurückzuführen ist und nicht auf den tatsächlichen Bedarf. So wurden allein in Sansibar 150.000 Therapien geordert, obgleich auf der Insel pro Jahr nur 2.500 Fälle von Malaria erfasst werden.

Heino Güllemann: „Wir stehen heute schon vor dem Problem, dass während der wiederkehrenden Dengue-Epidemien in Südost-Asien viele Kinder nicht am Fieber sterben, sondern an einer Überdosis Paracetamol aus dem nächsten Kramladen. Warum sollten wir derartige Risiken mit öffentlichen Mitteln noch künstlich erhöhen?“

Mehr lesen:

Bericht „Salt, Sugar and Malaria Pills“ (englisch)