Seit 2023 gibt es das Lieferkettengesetz in Deutschland. Es verpflichtet Großunternehmen zur Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie Umweltstandards entlang ihrer Wertschöpfungsketten. Ein Jahr später wurde das EU-weite Lieferkettengesetz (CSDDD) verabschiedet.  

Trotzdem gibt es noch viel zu tun: Noch immer sind Menschenrechtsverletzungen, besonders im Agrarsektor, an der Tagesordnung. Zudem können Betroffene nach dem deutschen Gesetz noch nicht auf Schadensersatz klagen. Und: Obwohl die Lieferkettengesetze nur für einen kleinen Teil der Unternehmen gelten, sind sie den Wirtschaftslobbys ein Dorn im Auge. 

Auch deutsche Unternehmen tragen zur Ausbeutung bei 

Oxfam setzt sich seit Jahren für verpflichtende Standards in Lieferketten ein. Denn die Liste der Missstände in deutschen und europäischen Lieferketten ist lang: Hungerlöhne, giftige Pestizide und entlassene Gewerkschaftsmitglieder sind Beispiele, in denen die Rechte der Arbeiter*innen verletzt werden.  

Solche Arbeitsbedingungen sind in vielen landwirtschaftlichen Branchen immer noch Alltag, beispielsweise beim Kaffeeanbau in Brasilien, auf Ananas-Plantagen in Costa Rica oder bei der Weinernte in Südafrika. Gleichzeitig steigern deutsche Supermarktketten (Aldi, Edeka, Lidl, Rewe) ihre Umsätze stetig. 

Eine Frau steht mit Sonnenhut, Halstuch, einem langärmligen Oberteil und Schütze in einem Feld.
Zoraida Trejos schützt sich mit Hut, Halstuch und langer Kleidung vor Pestiziden, die auf den Feldern in Costa Rica eingesetzt werden. Als Arbeitsmigrantin hat sie derzeit wenig Möglichkeiten, ihre Arbeitssituation selbst zu verbessern. Ein starkes EU-Lieferkettengesetz könnte sie aber entscheidend unterstützen.

Kein Profit auf Kosten von Menschenrechten! 

Wir fordern, dass europäische Unternehmen Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in ihren Lieferketten übernehmen. Freiwillig tun sie das nicht. Denn das bedeutet oft höhere Löhne oder verbesserte Arbeitsbedingungen mit höheren Kosten für die Unternehmen.  

Es braucht gesetzliche Regeln zum Schutz der Menschen- und Arbeitsrechte. Die Möglichkeit, gegen Ausbeutung in Lieferketten Beschwerden einzulegen und zu klagen, gibt Arbeiter*innen erstmals Instrumente an die Hand, sich wirksam zu wehren. 

Spürbare Effekte für tausende Arbeiter*innen 

Die gute Nachricht lautet: Unsere Arbeit beim Lieferkettengesetz wirkt. Das zeigt unsere Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammen mit der ecuadorianischen Gewerkschaft ASTAC, die Arbeiter*innen im Bananensektor vertritt. Schon unmittelbar nach unserer Beschwerde reagierte das dortige Unternehmen Otisgraf, damals Zulieferer von REWE, mit deutlich höheren Löhnen und einer gerechteren Arbeitszeitabrechnung. Das BAFA erkannte im Zuge unserer Beschwerde an, dass die Gewerkschaft und ihre Arbeiter*innen im gesamten Verfahren beteiligt werden müssen und Akteneinsicht erhalten.  

Das Lieferkettengesetz ist keine unnütze Bürokratie. Es schützt die schwächsten Glieder in den internationalen Lieferketten vor Ausbeutung.
Steffen Vogel, Referent für globale Lieferketten bei Oxfam.

Es braucht ein stärkeres, kein schwächeres Lieferkettengesetz 

Trotzdem regen sich nach nur zwei Jahren in Kraft schon wieder Bemühungen, das Lieferkettengesetz abzuschaffen. Das wäre ein deutliches Signal gegen den Schutz von Menschen und Natur und für eine reine Profitorientierung der Wirtschaft. Wir setzen uns dafür ein, das Lieferkettengesetz nicht nur beizubehalten, sondern auch weiterzuentwickeln, damit sich die Rechte und Arbeitsbedingungen von Arbeiter*innen in aller Welt – aber auch hier in Europa – verbessern. 

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Die Verantwortungslosigkeit der deutschen Supermärkte

Der größte Teil unserer Lebensmittel wird in Supermärkten verkauft. Rewe, Aldi, Edeka sowie die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) teilen mehr als 85 % des deutschen Marktes unter sich auf – Tendenz weiter steigend.

Dadurch haben die Supermärkte eine enorme Marktmacht. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in ihren globalen Lieferketten. Lieferanten und Erzeuger*innen müssen kontinuierlich große Warenmengen in vorgegebener Qualität und zu niedrigen Preisen liefern. Die Supermärkte drücken die Preise, unfaire Konditionen werden in die Verträge diktiert. Der Preisdruck wird in der Lieferkette weitergereicht. Kleinbäuer*innen und Arbeitskräfte am Anfang der Lieferkette haben dabei das Nachsehen – sie tragen die größte Last auf ihren Schultern und verdienen dabei Hungerlöhne.

Die Supermärkte dagegen verdienen am meisten an den verkauften Produkten – sie streichen häufig über 50 % des Verkaufspreises ein, während Arbeiter*innen teilweise nur 1 % bekommen. Doch mit den satten Geschäften am billigen Obst geht noch kein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein einher, wie Oxfams Supermarkt-Check zur Menschenrechtspolitik zeigt: Obwohl einige Handelsketten seit einigen Jahren Fortschritte machen, sind sie von einer vollständigen Erfüllung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte noch weit entfernt, insbesondere im Hinblick auf Frauenrechte. Während Lidl, Rewe und Aldi sich auf öffentlichen Druck hin immerhin vorwärtsbewegt haben, ist Edeka seit Jahren Schlusslicht – auch im internationalen Vergleich.