Für das Hintergrundpapier „Freihandel versus Hungerbekämpfung“ wertete Oxfam aktuelle Zahlen der WTO aus. Demnach sind die USA und die EU weiterhin die weltweit größten finanziellen Unterstützer ihrer heimischen Landwirtschaft. So haben die USA ihre Landwirtschaft im Jahr 2012 mit rund 139 Milliarden US-Dollar unterstützt, die EU im Jahr 2013 mit rund 82 Milliarden Euro (ca. 112 Milliarden US-Dollar nach damaligem Wechselkurs). Allein die Direktzahlungen an Landwirte machen in Deutschland im Durchschnitt rund 40 Prozent des Einkommens der Betriebe aus. Zum Vergleich: In China trägt die gesamte staatliche Unterstützung lediglich fünf bis sechs Prozent zum Betriebseinkommen bei.

Trotz dieses Ungleichgewichtes lehnen die USA und die EU es ab, dass die Entwicklungsländer ihre Märkte schützen können, zum Beispiel durch zeitlich befristete Zölle als Reaktion auf Importschwemmen. Dabei hat die EU selbst seit 1995/96 wiederholt Schutzklauseln für verschiedene Zucker-, Geflügel- oder Trockeneiprodukte in Anspruch genommen.  

Das von der EU und USA kritisierte Instrument der öffentliche Lagerhaltung von Nahrungsmitteln wiederum hat in Indien dazu beigetragen, die Zahl der Hungernden in den vergangenen Jahren zu senken, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen urteilt. „Für die EU und USA haben Handelsinteressen Vorrang vor dem Menschenrecht auf Nahrung“, kritisiert Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. „Wir brauchen dringend einen Kurswechsel, damit die Handelsregeln einen Beitrag zur Beendigung des Hungers und der extremen Armut leisten können.“

Wiggerthale kritisiert, dass die EU und die USA ihr Entwicklungsversprechen der sogenannten Doha-Runde nie eingelöst und entwicklungsfreundliche Handelsregeln immer wieder blockiert haben. Daran ändere auch der jüngst als Kompromiss  präsentierte Vorschlag der EU und sechs weiterer Staaten zur Abschaffung der Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte bis 2018 (für Industrieländer) beziehungsweise 2021 (für Entwicklungsländer) nichts. „Für die EU ist das kein großer Schritt. Sie setzt seit 2013 ohnehin keine  Exportsubventionen mehr ein“, sagt Wiggerthale.

Hintergrund

•    Unter dem Eindruck des 11. September erfolgte im Jahr 2001 der Startschuss für die „Doha-Entwicklungsrunde“. Damit sollten die Ungleichheiten der bestehenden WTO-Abkommen zulasten der Entwicklungsländer korrigiert und ihre Bedürfnisse besonders berücksichtigt werden. Obwohl die Entwicklungsländer sich in Koalitionen zusammenschlossen – G20, G33, G90 der ärmsten Entwicklungsländer - ließen sich die Industrieländer, insbesondere die EU und die USA, nicht auf entwicklungsorientierte Handelsregeln ein. Auch den BRICS-Ländern ist es trotz ihres gestiegenen Einflusses nicht gelungen, Ungleichheiten zu korrigieren.

•    Das WTO-Agrarabkommen (Agreement on Agriculture, AoA) ist weitestgehend auf die Interessen der Industrieländer ausgerichtet. Das liegt zum einen daran, dass das AoA aus dem Jahr 1994 stammt und die Höhe der zulässigen nationalen Unterstützung auf den Stand von damals begrenzt und auf dem Basiszeitraum 1986-88 beruht. Weil arme Länder ihrer Landwirtschaft damals eine deutlich geringere Unterstützung gewährten, sind ihnen heute auch weniger Unterstützungen erlaubt.

Weitere Informationen finden sich im Oxfam-Hintergrundpapier „Freihandel vs. Hungerbekämpfung: Warum die Handelsgespräche in die falsche Richtung gehen“.

Hinweis an die Redaktion

Marita Wiggerthale ist vor Ort in Nairobi. Sie können Sie unter +49 162 1 38 63 21 (Mobil) oder mwiggerthale@oxfam.de erreichen.