Während Wenige in unermesslichem Reichtum schwelgen – acht Personen verfügen über ebenso viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – leben rund 700 Millionen Menschen in extremer Armut. Auch in vielen G20-Ländern gibt es eine tiefe Kluft zwischen Arm und Reich.

Die enorme Ungleichheit auf der Welt schließt nicht nur Millionen Menschen von Bildung, Gesundheitsversorgung und gesellschaftlicher Teilhabe aus, sie führt auch zu Abstiegsangst und Politikverdrossenheit. Damit ist sie eine wesentliche Ursache für die politischen Zerwürfnisse, deren Zeuge wir gerade werden: die Entscheidung der Briten, der EU den Rücken zu kehren, die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und der Zulauf, den Rechtspopulisten und andere Gegner einer offenen Gesellschaft in vielen Ländern haben. Menschen aller gesellschaftlichen Schichten müssen das Gefühl haben, dass ihre Interessen gehört werden. Sonst zerstört dies auf Dauer die Grundfesten der Demokratie.

Die Abschlusserklärung der G20 aus dem Jahr 2015 enthielt einen Passus, der soziale Ungleichheit als Risiko für den sozialen Zusammenhalt, das Wohlergehen der Bevölkerung sowie als Risiko für Wirtschaftswachstum und gesellschaftliche Stabilität anerkennt. Die deutsche G20-Präsidentschaft sollte darauf aufbauen und im Communiqué des kommenden Gipfeltreffens die schwerwiegenden Auswirkungen von Ungleichheit klar benennen.

Konkrete Maßnahmen, um Ungleichheit zu bekämpfen

Bei wohlfeilen Worten darf es allerdings nicht bleiben. Die Regierungen der G20 müssen sich auf konkrete Maßnahmen verständigen, mit denen sie Ungleichheit bekämpfen wollen. Nötig sind etwa Investitionen in öffentliche und soziale Infrastruktur wie Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung. Zudem müssen die G20 sich für eine gerechte Steuerpolitik einsetzen, damit multinationale Konzerne und reiche Einzelpersonen sich angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen. Den Ländern des Globalen Südens entgehen durch die Steuervermeidung multinationaler Konzerne schätzungsweise mindestens 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Geld, das dringend für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung gebraucht wird.

Die Bundesregierung will ihre G20-Präsidentschaft nutzen, um über ein faireres und transparentes internationales Steuersystem zu sprechen. Allerdings verhindert sie parallel dazu echte Steuertransparenz, indem sie eine europäische Regelung zur öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung über Unternehmensgewinne und darauf gezahlte Steuern blockiert. Dabei zeigt ein aktueller Oxfam-Bericht über Europas größte Banken, die als eine der wenigen Branchen ihre Steuern bereits entsprechend veröffentlichen müssen, dass sich mit Hilfe genau dieser Berichterstattung deutliche Hinweise auf Steuervermeidung finden lassen.

Ärgerlich auch, dass sich die G20 – anders als ursprünglich geplant – nicht mit der Einführung der Finanztransaktionssteuer auf globaler Ebene befassen werden. Diese winzige Steuer auf Finanzgeschäfte könnte den Staaten Milliarden einbringen, um in Bildung, Gesundheit und Klimaschutz zu investieren. Zehn EU-Länder wollen die Steuer einführen, kommen aber seit Jahren nicht recht vom Fleck. Finanzminister Schäuble hätte sich im Vorfeld klar für eine schnelle Einführung aussprechen und das Thema so auch innerhalb der G20 befeuern können. Hat er aber nicht.

Wir protestieren auf der Straße!

In Zeiten von zunehmendem Nationalismus ist internationale Kooperation dringend nötig, auch im Rahmen der G20. Doch damit dieser Gipfel eine Daseinsberechtigung hat, muss er die richtigen Weichen stellen: für die Bekämpfung sozialer Ungleichheit und die Stärkung der Demokratie weltweit. Das zivilgesellschaftliche Bündnis „G20 Protestwelle“ trägt diese Forderung am 2. Juli mit einem breiten, bunten und friedlichen Protest auf die Straßen von Hamburg. Denn es liegt auch an uns Bürgerinnen und Bürgern dafür zu sorgen, dass die G20 die Probleme unserer Zeit ernsthaft anpacken.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Spiegel Online erschienen.

1 Kommentar

Wenn die G20 die Probleme nicht lösen, brauchen wir keine G20.

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