Nach Berechnungen der Weltbank werden durch COVID-19 und die zunehmende Ungleichheit in diesem Jahr 198 Millionen Menschen in die extreme Armut abrutschen. Damit drohen zwei Jahrzehnte des Fortschritts bei der Armutsbekämpfung zunichte gemacht zu werden.

Auf der Grundlage dieser Berechnungen schätzen wir in unserem neuen, englischsprachigen Bericht „First Crisis, then Catastrophe“, dass allein durch die weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise weiteren 65 Millionen Menschen extreme Armut droht. Insgesamt sind damit 263 Millionen Menschen akut armutsgefährdet. Das entspricht der Bevölkerung von Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Spanien zusammengenommen.

Ungleichheit und Armut steigen

„Im Zuge der Corona-Pandemie ist in den vergangenen Jahren die bereits zuvor dramatische weltweite Ungleichheit weiter gestiegen. Hinzu kommt nun der Krieg in der Ukraine, mit dramatischen Folgen in einkommensschwachen Ländern: Ungleichheit und Armut drohen hier weiter zu steigen. Die Weltgemeinschaft darf die Menschen in den einkommensschwachen Ländern jetzt nicht vergessen“, so Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland.

Regierungen stehen vor der Zahlungsunfähigkeit

Eine Reihe von Regierungen steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit und ist gezwungen, die öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Die ärmsten Länder der Welt müssen in diesem Jahr Schulden in Höhe von 43 Milliarden Dollar zurückzahlen. Dieses Geld fehlt zum Beispiel bei Lebensmittelimporten.

Die Ärmsten trifft es am härtesten

Menschen, die in Armut leben, sind von diesen Schocks am stärksten betroffen: Steigende Lebensmittelkosten machen in wohlhabenden Ländern 17 Prozent der Verbraucherausgaben aus, in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara jedoch bis zu 40 Prozent. Selbst innerhalb der reichen Volkswirtschaften verschärft die Inflation die Ungleichheit: In den USA geben die ärmsten 20 Prozent der Familien 27 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus, während die reichsten 20 Prozent nur 7 Prozent ausgeben.

Die Weltgemeinschaft hat die Mittel, um alle Menschen aus Armut und Hunger zu befreien.Was fehlt, ist der politische Wille.
Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland

„Es ist ein fatales Signal, dass ausgerechnet Deutschland im Jahr der eigenen G7-Präsidentschaft den Entwicklungsetat im Bundeshaushalt 2022 drastisch kürzt. Die Bundesregierung sollte diese Entscheidung revidieren und die Mittel in den kommenden Jahren entschieden erhöhen, um so Bildung, Gesundheit und Ernährungssouveränität in einkommensschwachen Ländern und einen Globalen Fonds für soziale Sicherung zu finanzieren“, fordert Hauschild.

Wir brauchen Vermögenssteuern für die Reichsten ...

Vermögenssteuern können die Krisen sozial gerecht abfedern – auch in Deutschland. Obwohl sich die Kosten auftürmen, haben es die Regierungen – mit wenigen Ausnahmen – versäumt, die Steuern für die Reichsten zu erhöhen. Argentinien hat eine einmalige Sonderabgabe, die so genannte „Millionärssteuer“, eingeführt. Diese hat rund 2,4 Milliarden Dollar zur Finanzierung der Corona-Pandemie-Bekämpfung eingebracht.

... und einen Schuldenerlass für die Ärmsten.

Weiter sollten die G20, Internationaler Währungsfonds und Weltbank auf alle Schuldenrückzahlungen von Ländern mit einem kritischen Verschuldungsniveau verzichten. Ein Schuldenerlass würde allein im Jahr 2022 mehr als 30 Milliarden Dollar für 33 Länder freisetzen, die sich bereits in einer Notlage befinden oder bei denen ein hohes Risiko besteht, dass sie in Schwierigkeiten geraten.

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