Am 16. Februar 2018 haben wir als Reaktion auf Vorfälle sexueller Ausbeutung durch Oxfam-Mitarbeiter einen 10-Punkte-Aktionsplan beschlossen.

Wir möchten damit die nötigen Änderungen an unseren Richtlinien, unserer Praxis und unserer Organisationskultur bewirken, um Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch in allen Teilen unseres Verbunds ein Ende zu setzen. Wir wollen alle Menschen schützen, mit denen wir zusammenarbeiten, und dafür sorgen, dass Betroffene von Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch Gerechtigkeit erfahren.

Im Fokus der hier zusammengestellten Maßnahmen stehen:

  • Eine umfassende Selbstverpflichtung zu Transparenz und Rechenschaft. Das schließt die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Überprüfung unserer aktuellen und vergangenen Arbeit ein. Deren Ergebnisse werden öffentlich zugänglich sein, und ihre Empfehlungen bestimmen Oxfams weitere Maßnahmen.
  • Die Änderung der Richtlinien, Praxis und Organisationskultur von Oxfam, einschließlich verstärkter Schutzmaßnahmen und erweiterter Gender-Trainings und Unterstützungsangebote.
  • Kooperation mit anderen Akteur*innen im Bereich der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Das schließt Bemühungen ein, die Verfahren bei der Einstellung und Überprüfung neuen Personals zu überarbeiten. So wollen wir ausschließen, dass Täter*innen zu einer anderen Organisation wechseln.
  1. Einsetzung einer unabhängigen hochrangigen Kommission zu sexueller Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch, Rechenschaftspflicht und einer Änderung der Organisationskultur

    Oxfam kann sich hinsichtlich der gegen die Organisation erhobenen Vorwürfe nicht der Verantwortung entziehen und will es auch gar nicht versuchen. Die hochrangige Kommission wird sich aus Frauen in Führungsfunktionen aus aller Welt zusammensetzen und ihre Arbeit unabhängig von Oxfam durchführen.

    Der Umfang der Untersuchung wird von der Leitung der unabhängigen Kommission in Absprache mit dem Vorstand von Oxfam International festgelegt. Dabei wird die Kommission vollumfänglich berechtigt sein, die Richtlinien, Praxis und Organisationskultur sowohl anhand aktueller als auch vergangener Fälle zu untersuchen. Der Untersuchungsrahmen wird in Absprache zwischen der Leitung der unabhängigen Kommission und dem Vorstand von Oxfam International verbindlich festgelegt. Die Kommission wird zur Annahme von Kritik, Beschwerden und Vorwürfen bereitstehen. Dabei befasst sie sich vor allem mit den Bereichen Machtmissbrauch und sexueller Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch. Sie wird zudem versuchen, eine umfassende historische Bilanz zu erstellen, die auch öffentlich zugänglich sein wird.

    Oxfam wird jeglichen von der Kommission ausgesprochenen Empfehlungen folgen.
     
  2. Bekräftigte Selbstverpflichtung des gesamten Oxfam-Verbunds zur Zusammenarbeit mit allen zuständigen Behörden, einschließlich Regulierungsbehörden und Regierungsstellen

    Wir werden uns nach allen Kräften bemühen, Transparenz zu gewährleisten und mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten, damit Betroffenen von sexueller Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch Gerechtigkeit zuteilwird. Damit tragen wir dazu bei, Missbrauchsfälle in Zukunft zu verhindern.

    Dazu gehört auch eine proaktive Kontaktaufnahme mit Regulierungsbehörden und Regierungsstellen, um ihnen alle gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen. Unser Ziel ist dabei, dass die Behörden wieder Vertrauen in unsere Richtlinien und Prozesse fassen – dank einer nachprüfbaren Verpflichtung zu Transparenz.
     
  3. Erneute Prüfung von Fällen aus der Vergangenheit und Angebot an andere Zeug*innen und Betroffene, zur Aufklärung beizutragen

    Wir sind es möglichen Betroffenen von sexueller Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch durch Oxfam-Mitarbeiter*innen schuldig, auf vergangene Fälle zurückzublicken und zu prüfen, ob in angemessener Weise reagiert wurde. Falls nicht, werden wir – entsprechend der Werte von Oxfam und nach besten Kräften – entschiedene Maßnahmen ergreifen. Dies könnte zu Disziplinarmaßnahmen gegen aktuelle Mitarbeiter*innen und sogar zu entsprechenden Entlassungen führen.

    Weiterhin werden wir unseren Mitarbeiter*innen, Freiwilligen, Partnerorganisationen und Begünstigten mitteilen, dass es möglich, sicher und sogar aktiv erwünscht ist, alle Vorfälle zu melden, die sie selbst erfahren oder beobachtet haben. Menschen, die sich bisher entweder nicht zu einer Meldung in der Lage sahen oder im Fall einer Meldung nicht das Gefühl hatten, dass angemessen darauf reagiert wurde, ermuntern wir ausdrücklich, mit uns in Kontakt zu treten.

    Wir werden sicherstellen, dass Mitarbeiter*innen, Freiwillige und externe Personen einfachen Zugang zu einem effizienten Hinweisgebersystem (Whistleblower-System) haben. Bei Bedarf werden zu diesem Zweck sowohl kurz- als auch langfristig weitere Ressourcen eingesetzt werden.
     
  4. Sofortige Intensivierung unseres Engagements bei der Bereitstellung von Schutzmaßnahmen

    Es hat sich leider herausgestellt, dass wir im Oxfam-Verbund insgesamt unserer Verpflichtung, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, bis jetzt nicht angemessen nachgekommen sind. Wir werden unsere finanziellen und personellen Ressourcen daher deutlich aufstocken, um die Sicherheit all jener Menschen zu gewährleisten, die weltweit in Kontakt mit Oxfam-Personal kommen.

    Zudem werden wir Gender-Trainings und diesbezügliche Unterstützung im gesamten Verbund intensivieren, wozu wir zusätzliche Führungskräfte für Programme und Einsatzteams für humanitäre Krisen einstellen werden.
     
  5. Stärkung interner Prozesse

    Um unsere internen Prozesse zu verbessern, haben wir bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört eine Datenbank, mit der sichergestellt werden soll, dass Täter*innen niemals offizielle Referenzen für die Bewerbung bei anderen Organisationen erhalten. Dazu gehören strengere Verfahren bei der Einstellung und Überprüfung von neuem Personal und die Vorgabe, dass die Selbstverpflichtung zum Schutz von Personen verpflichtender Teil des internen Auswahl- und Einstellungsprozesses sowie der Performance-Management-Kriterien wird. Wir werden Aufnahme- und Schulungsprozesse für alle Mitarbeiter*innen überarbeiten und verpflichtende Schutztrainings für alle aktuellen und zukünftigen Mitarbeiter*innen einführen. Unser gesamtes Personal werden wir umfassend neu ausbilden, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter*innen Oxfams Werte und unseren Verhaltenskodex verstehen. Schließlich werden wir unser Hinweisgebersystem stärken und weitere Werkzeuge entwickeln, die einen einfachen und sicheren Weg bieten, Beschwerden einzureichen.

    In allen Partnerorganisationen sowie bei allen von Oxfam organisierten Einsätzen wird es geschulte Ansprechpersonen zum Thema Schutz geben.

    Wir werden uns nochmals vergewissern, dass verlässliche Mechanismen vorhanden sind, um Verdachtsfälle an die entsprechenden Behörden zu melden.
     
  6. Stärkung einer Null-Toleranz-Kultur gegenüber Belästigung, Missbrauch und Ausbeutung

    Wir werden weiterhin daran arbeiten, alle internen Oxfam-Strukturen, aber auch solche im restlichen Sektor dahingehend zu ändern, dass sexuelle Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch sowie Diskriminierung nicht mehr möglich sind. Dazu werden wir uns um externe Unterstützung bei der Veränderung dieser Strukturen bemühen. Die PSEA-Taskforce von Oxfam hat bereits Empfehlungen abgegeben, die dringend geprüft und umgesetzt werden müssen.
     
  7. Zusammenarbeit mit Kolleg*innen externer Hilfs- und Entwicklungsorganisationen bei der Bekämpfung von physischem, sexuellem und emotionalem Missbrauch

    Wir wissen, dass wir bestimmte erforderliche Maßnahmen nicht allein ergreifen können. Daher werden wir auch mit anderen, externen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen zusammenarbeiten, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, mit denen und für die wir arbeiten. Dazu gehört, sicherzustellen, dass Täter*innen, die ihre Anstellung in einer Organisation verloren haben, keinen Posten bei einer anderen übernehmen können. Wir beteiligen uns aktiv an solchen Prozessen und unterstützen gemeinsame Maßnahmen internationaler Nichtregierungsorganisationen (NROs). Wir werden zusammen mit UN-Institutionen, dem International Civil Society Centre und weiteren gemeinsamen NRO-Plattformen konkrete Vorschläge erarbeiten, wie wir als Sektor Fortschritte auf diesem Gebiet machen können.

    In diesem Rahmen werden wir auch zur Arbeit beitragen, die BOND in Großbritannien begonnen hat, das heißt, einen humanitären Pass bzw. ein Anti-Täter*innen-System zu entwickeln, das unter der Aufsicht einer rechenschaftspflichtigen Institution wie dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) steht. Wir werden alle derartigen Initiativen nach Kräften unterstützen.
     
  8. Aktiver Dialog mit Partnerorganisationen und Verbündeten, insbesondere Frauenrechtsorganisationen

    Wir werden mit unseren Partnerorganisationen und Verbündeten in Kontakt treten, um Vertrauen wiederherzustellen und sie um eine Einschätzung zu bitten, was wir in dieser Situation lernen und verbessern können. Eine besondere Verantwortung und Notwendigkeit sehen wir in der Zusammenarbeit mit Frauenrechtsorganisationen sowie anderen Organisationen, die sich für den Schutz vor sexueller Ausbeutung, Belästigung und Missbrauch (PSEA) einsetzen. Als essentiell erachten wir, all ihre Fragen zu beantworten, ihre Ideen und Bedenken anzuhören sowie sicherzustellen, dass unsere Antworten in Absprache mit ihnen erfolgen und auf ihrer Expertise und Erfahrung basieren.

    Wir werden in jeder Region mit Frauenrechtsorganisationen in Kontakt treten und Orte des Austausches zwischen uns, ihnen, Regierungsstellen und anderen Stakeholdern schaffen.
     
  9. Anhörung der Öffentlichkeit

    Wir werden aktiv den Dialog mit der Öffentlichkeit suchen, sowohl in Form öffentlicher Veranstaltungen als auch in Online-Diskussionen. Wir werden auf das Feedback unserer Unterstützer*innen aus aller Welt reagieren und daraus lernen. Wichtig ist uns dabei ein echter Dialog, bei dem wir auf ihre Bedenken eingehen und erklären, anhand welcher Maßnahmen wir lernen und einen Wandel herbeiführen wollen.
     
  10. Erneute Bekräftigung unseres externen Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit

    Wir erneuern unsere Verpflichtung, die Rechte von Frauen und die Geschlechtergerechtigkeit in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen, und verstärken unsere Bemühungen darum. Vor dem Hintergrund, dass wir als Organisation eine Menge zu lernen und wiedergutzumachen haben, wird Oxfam weiterhin Lobby-Arbeit, Kampagnen und Programme unterstützen, die darauf abzielen, die Ungerechtigkeit zu beenden, die mittellose Frauen heute weltweit erleiden müssen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen, die zu Gewalt gegen Frauen führen, die Überwindung systematischer Machtungleichgewichte, die Frauen zu einem Leben in Armut verdammen, sowie die Zusammenarbeit mit feministischen und Frauenrechtsorganisationen, um geschlechterbezogene Ungerechtigkeit auf allen Ebenen anzugehen. Ein weiterer Bestandteil ist die Stärkung und Fokussierung unserer Entwicklungs- und humanitären Programme für einen transformatorischen Wandel im Leben von in Armut lebenden Frauen.