Sekt oder Selters? Wenn es um die Kooperation mit dem Agrobusiness geht, gibt es natürlich Sekt. Das ist für das BMZ und die GIZ ganz klar. Am Dienstag letzter Woche wurden die ersten vier Projekte der German Food Partnership (GFP) „feierlich“ präsentiert. Friedrich Kitschelt, Abteilungsleiter im Entwicklungsministerium, lobte die Kooperation mit dem Agrobusiness als „einzigartig“, „stilbildend“ und „besonders überzeugend“. Aus „nur“ 20 Millionen Euro Entwicklungshilfegeldern werden 80 Millionen Euro, die in PPP-Projekte (Public-Private Partnership) in Afrika und Asien fließen. Die Gates-Stiftung gibt nämlich auch 20 Millionen Euro und 40 Millionen Euro kommen von den Unternehmen, die Mitglied in der GFP sind (von wem genau ist nicht offengelegt). Diese Privatinvestitionen drohen angesichts sinkender Entwicklungshilfe für arme Länder sogar auf die „öffentliche Entwicklungshilfe“ (ODA) angerechnet zu werden.

Partnerschaften mit der Wirtschaft sind en vogue

Öffentliche-private Partnerschaften  sind nicht nur in der Entwicklungspolitik en vogue. In Zeiten klammer Kassen greift die Politik gerne auf dieses Instrument zurück. Allzu oft erfüllen sie nicht die Erwartungen. In der Entwicklungspolitik wird das Agrobusiness aber auch zunehmend als strategischer „Entwicklungspartner“ hofiert. Tendenz steigend! Dabei legen die meisten Geldgeber erst gar keine umfassenden, konkreten Entwicklungsergebnisse fest, die im Rahmen der PPPs erreicht werden sollen. Das trifft auch für die GFP-Projekte zu. Ob damit Armut und Hunger bekämpft und gleichzeitig die Umwelt geschont wird, wird oftmals gar nicht überprüft. Entsprechende Indikatoren sucht man vergeblich. Eine kleine Anfrage der Grünen hat ergeben, dass „Entwicklungspartnerschaften“ mit der deutschen Wirtschaft im Bereich ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung bislang nicht evaluiert wurden.

Worum geht es bei der GFP?

Die Unternehmen verfolgen das Ziel, nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, um die Nahrungsmittelproduktion, Verteilung und Ernährungssituation in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu verbessern.“ Hans-Joachim Wegfahrt von Bayer Crop Science ließ allerdings keinen Zweifel daran, worum es wirklich geht. „Unser Business ist nun mal der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut“, erklärte er. Es geht Bayer um eine (zweite) Grüne Revolution, sprich um eine Produktionssteigerung mit Hochertragssorten, Gentechnik und einem massiven Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden.

Kleinbauern sind auch für Marco Prehn vom Maschinenhersteller AGCO „potenzielle Kunden“, allerdings reiche der alleinige Fokus auf Kleinbauern nicht aus. „Sondern man braucht auch große Agrarunternehmen als Lösungsstrategie“. Kein Wunder, wenn man sich die Produktpalette von AGCO anschaut. Ähnlich sieht es Wegfahrt von Bayer: Eine „Grüne Revolution wird man nicht mit Kleinbauern machen“. „Wir brauchen eine Konsolidierung“.

Das Unternehmen Europlant, dessen Name im Zusammenhang mit der Diskussion über ein Kartoffel-Kartell genannt wurde, plant Demoflächen und Maschinenvorführungen, damit die Bauern „ein Gefühl“ für die europäische Kartoffel-Landwirtschaft bekommen. „Die Kartoffel muss nach Afrika“, hatte der Staatssekretär  Beerfeltz denn auch pointiert verkündet. Die GFP biete Europlant große Vorteile (z.B. Netzwerke, Bauern), erklärt Justus Böhm von Europlant.

Mithilfe von BMZ und GIZ können sich die deutschen Unternehmen Märkte in Afrika und Asien erschließen bzw. ihre Präsenz ausweiten.

Die „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA)

Bayer Crop Science ist die „treibende Kraft“ hinter BRIA. Wo bei dem Projekt also BRIA draufsteht, ist Bayer, aber auch BASF und Yara drin. Es wird mit insgesamt 10,8 Millionen Euro unterstützt (siehe unten). BASF wird BRIA in Indonesien und Thailand umsetzen, Bayer in Thailand, Philippinen und Vietnam. Philippinen ist das am ehesten startende Projekt. Der Anteil von Hybridsaatgut beträgt nach Angaben von Hans-Joachim Wegfahrt nur sechs Prozent. Der Durchschnittsertrag liegt bei 3,8 Tonnen pro Hektar. Hier bietet sich Bayer ein attraktives Marktpotenzial.

Dabei kann sich Bayer der Unterstützung der philippinischen Regierung gewiss sein. Die will nämlich, dass sich die Philippinen bei Reis selbstversorgen können und zwar mithilfe von Hybridreis. Das GMA („Go Modern Agriculture“) Reisprogramm fördert seit 2002 den Einsatz von Hybridreis. Das „Rice Watch and Action Network“ kritisiert, dass die Förderung von Hybridreis „ein deutliches Beispiel für eine fehlgeleitete Intervention ist, die mehr Probleme schafft, als sie vorgibt zu lösen“. Solch ein Programm oder so eine Unterstützung gebe es nicht für Bauern, die traditionelle oder bauernbasierte Anbausysteme wählen. Bauern hätten weniger Optionen, ganz unabhängig von dem Potenzial was diese böten.

Ein Anbausystem mit viel Potenzial ist das System of Rice Intensification (SRI). Es erlaubt Produktionssteigerungen von 50-100 Prozent im Gegensatz zu den versprochenen 15-20 Prozent bei Hybridreis. Gleichzeitig werden 90 Prozent weniger Saatgut und 50 Prozent weniger Wasser gebraucht. Bauern können also mehr Reis, mit weniger Wasser, weniger Saatgut, weniger Düngemitteln und Pestiziden und oft auch mit weniger Arbeit produzieren. Das zeigen vielfältige Erfahrungen im Sahel in Afrika, in Südostasien und in Indien. SRI zahlt sich vierfach aus: ein höheres Haushaltseinkommen, mehr Ernährungssicherheit, weniger Umweltprobleme und eine bessere Anpassung an den Klimawandel. Philippinische  Forschungsprogramme und internationale Forschungsinstitute (z.B. das Internationale Rice Research Institute, IRRI) beschäftigen sich bereits mit SRI. Erste positive Ergebnisse liegen vor.

Das BMZ und die GIZ ignorieren solche progressiven Ansätze. Die Zusammenarbeit mit Bayer, BASF & Co. scheint Vorrang zu haben vor der Förderung von nachhaltigen Lösungen, die offensichtlich weniger im Interesse des Agrobusiness sind.

20 Millionen Euro Steuergelder – gut angelegt?

Der entwicklungspolitische Mehrwert der finanziellen Förderung von BASF, Bayer & Co. ist nicht ersichtlich. Die Projekte (siehe unten) betreffen das Kerngeschäft dieser Unternehmen, das sollte nicht auch noch mit knappen Entwicklungshilfe-Ressourcen gefördert werden. Solche Geldgeschenke für das Agrobusiness unter dem Deckmäntelchen der Entwicklungshilfe darf es nicht geben. Zudem werden damit Ansätze einer industrialisierten, input-intensiven Landwirtschaft gefördert. Kleinbauern und Kleinbäuerinnen werden dazu gebracht, Kredite aufzunehmen, um sich die Düngemittel und Pestizide von Bayer, BASF & Co. leisten zu können. Die Produktionskosten steigen, genauso wie die Schulden, die sie machen müssen. Es gibt weitaus ökonomisch nachhaltigere Lösungen, die auch die Lebenssituation verbessern und die Umwelt schonen.

NGOs fordern deshalb, die German Food Partnership zu beenden. Die neue Bundesregierung sollte die PPPs auf den Prüfstand stellen und sie im Hinblick auf ihren Beitrag zur Verwirklichung des Rechts auf Nahrung und der Sicherung der Welternährung überprüfen. Friedrich Kitschelt vom BMZ hat vollständige Transparenz zugesagt. NGOs bekämen alle Informationen, die sie wollen. Den Kleinbauern würde ein „freedom of choice“ zugesichert. Stefan Schmitz vom BMZ erklärte auf Nachfrage, dass allen Kleinbauern im Projekt ein Alternativangebot gemacht werden würde. Let’s see!

Zwanzig Millionen Euro sind nicht unerheblich. Das Geld wäre anderenorts besser eingesetzt. Mit 20 Millionen könnte man z.B. Schulungskurse für 2-4,5 Millionen Kleinbauern abhalten (Kosten in Höhe von 6-14 US$), die ihnen ökologisch nachhaltige Anbaumethoden näher bringen. Das wäre ein Beitrag zur Existenzsicherung, Ernährungssicherung, Anpassung an den Klimawandel und zum Umweltschutz.

2 Kommentare

Widerlich!
Dirk Niebel in vollem Einvernehmen mit einem Staatsführer, der es an Niedertracht mit seinem Freund
und Massenmörder Taylor aufnehmen kann ,der die ökologische Entwicklung seines Landes und jegliche Opposition geschleift hat. Das kommt den Interessen
von Bayer, BASF und den Kapitalinteressen europäischer Pensionsfonds entgegen, die meinen im "Agrarmining" in Afrika für die nächsten 20 Jahre eine sichere Bank zu haben. Der "Golden Rice" von BASF, der in Burkina Faso
in die Erprobung geht, ist gentechnisch für die Verwertung in chemischen Prozessen vorgesehen. Und für
eventuelle Hungeraufstände gibt es die "Absicherung der Entwicklungshilfe durch die militärische Komponente",d.h."Ertüchtigung" durch teure deutsche Waffentechnik und "Förderung der Friedensfacilität"
in Höhe von 300 Millionen Euro, die jedes Jahr aus Berlin an "Europe Aid" fließen für den Sold an die Afrikaner, die für die Interessen von Konzernen töten.
Einen "Launching Point" für Drohnen gibt es schon in Burkina Faso!
Dieses Land hat an vielem Bedarf, nur nicht an solch einer Entwicklungshilfe. Man muss sich schämen für dieses Deutschland!

Danke OXFAM für diesen sehr guten Bericht!

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