Jahrhundert-Erdbeben trifft Menschen, die durch 12 Jahre Krieg bereits extrem belastet sind

Am Morgen des 6. Februar 2023 wurde der Norden Syriens von zwei schweren Erdbeben getroffen. Es folgten Hunderte Nachbeben. Die Menschen in den betroffenen Gebieten waren am Vorabend hungrig zu Bett gegangen und wachten nun ohne ein Zuhause auf.

Das Land litt bereits vor den Erdbeben unter den mehr als 12 Jahren Konflikt und einer durch Inflation und steigende Lebensmittelpreise lahmgelegten Wirtschaft. 90 % der Bevölkerung lebten bereits vor der Erdbebenkatastrophe unterhalb der Armutsgrenze und 12 Millionen Menschen wussten nicht, woher ihre nächste Mahlzeit kommen soll.

Syrische Geflüchtete leben in äußerster Armut

Seit 2011 tobt in Syrien ein bewaffneter Konflikt zwischen den Regierungstruppen und oppositionellen Gruppen. Hunderttausende Kinder, Frauen und Männer wurden seither getötet. 14,6 Millionen Menschen sind auf Hilfsleistungen angewiesen, fast die Hälfte davon sind Kinder. 5,7 Millionen Menschen sind in Nachbarländer geflohen (und dort als Geflüchtete registriert), von denen die Mehrheit dort in äußerster Armut lebt. Innerhalb Syriens wurden 6,7 Millionen Menschen vertrieben. Die Erdbeben haben die innerhalb Syriens sowie in der Türkei lebenden Geflüchteten besonders schwer getroffen.

Große Teile der Bevölkerung haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser, nur etwa die Hälfte aller Wasser- und Sanitäranlagen in Syrien funktionierte vor den Erdbeben ohne größere Einschränkungen.

Syrien befindet sich in einer Hungerkrise

Die Lebensmittelpreise in Syrien haben sich in 2021 verdoppelt. Gegenwärtig haben 6 von 10 Syrer*innen (12,4 Millionen Menschen) Mühe, etwas zu essen auf den Tisch zu bringen. Dies ist die höchste Zahl hungernder Menschen seit Beginn des Konflikts. Die Zahlen zeichnen ein düsteres Bild von Millionen von Syrer*innen, die ums Überleben kämpfen. Viele Familien versuchen sich zu helfen, indem sie für den Kauf von Nahrungsmitteln Schulden aufnehmen. Zudem lassen sie bereits Mahlzeiten ausfallen.

Syrien ist bei der Einfuhr von Weizen stark von Russland abhängig. Die Krise in der Ukraine hat dazu geführt, dass die syrische Regierung aus Sorge vor Engpässen und Preissteigerungen damit begonnen hat, die Lebensmittelreserven zu rationieren, darunter Weizen, Zucker, Öl und Reis.

Gesundheitsversorgung ist unzureichend

Durch den Krieg ist das Gesundheitssystem Syriens äußerst geschwächt. Die COVID-19-Pandemie hat die humanitäre Katastrophe im Land erheblich verstärkt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren vor den Erdbeben nur knapp die Hälfte der syrischen Gesundheitszentren und Krankenhäuser funktionsfähig. Zudem hatten 50 Prozent des Gesundheitspersonals das Land verlassen.

Risiko für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in Erdbebengebieten steigt

Schon im August 2022 gab es erste Meldungen über Cholerafälle in Syrien. Im September 2022 erklärte das Land offiziell einen Cholera-Ausbruch. Die Lage nach dem Erdbeben birgt das Risiko eines sprunghaften Anstiegs der Cholera-Fallzahlen. Dies hätte das Potential, die ohnehin katastrophale Lage in den betroffenen Gebieten erheblich zu verschärfen.

Oxfams Unterstützung für Geflüchtete innerhalb Syriens

Oxfam leistet seit 2013 humanitäre Hilfe in Syrien. Im Rahmen unserer Arbeit verteilen wir Brot sowie warme Kleidung und stellen Familien Geld zur Verfügung, das sie für ihre dringendsten Bedarfe ausgeben können. Im Bereich WASH (Wasser, Sanitär- und Hygieneversorgung) stellen wir Trinkwasser bereit und unterstützen mit Aufklärungskampagnen sowie Maßnahmen zum Thema Hygiene.

Wir verteilen zudem Hygiene-Kits einschließlich Seife und Desinfektionsmittel, was besonders gefährdeten Frauen, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen zugutekommt. Außerdem setzen wir Strom- und Wasserleitungen instand und stellen Notfallzugänge zu Wasser bereit, um gefährdete Gemeinden bei der Aufrechterhaltung ihrer Hygienepraktiken zu unterstützen.

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

Jetzt spenden!

 

 

Bedeutung von Wasser- Sanitär- und Hygieneversorgung steigt

Die globale Covid-19-Pandemie hat die Bedeutung der Arbeit zu Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung nochmals verdeutlicht: Menschen in Krisen und Konfliktgebieten sind durch den mangelnden Zugang zu sauberem Wasser und Basishygieneprodukten sowie durch die räumliche Enge in Siedlungen und Camps für (Binnen-)Geflüchtete einem besonderen Ansteckungs-Risiko ausgesetzt.

Wir verbessern daher die Wasserversorgung im syrischen Deir ez-Zor für 148.000 der am meisten gefährdeten Menschen. Damit wollen wir ihr Risiko reduzieren, an Krankheiten zu erkranken, die durch Wasser übertragen werden. Im Gouvernement Deir ez-Zor lebende Binnengeflüchtete sind abhängig von humanitärer Unterstützung, und vor allem der Zugang zu Wasser und Hygieneversorgung wurde hier in Bedarfsanalysen als besonders kritisch erhoben. Nur 50 % der Bevölkerung von Deir ez-Zor hat Zugang zu sauberem Wasser und lediglich 50 % des Abwassernetzes funktioniert.

In 12 Gemeinden verteilen wir Hygiene-Kits und Wassertanks an die bedürftigsten Haushalte. Außerdem reinigen wir Abwasserkanäle und stellen Müllbehältnisse auf, um die Hygiene vor Ort zu verbessern und den Schutz vor Krankheiten zu erhöhen. Des Weiteren nehmen wir Notreparaturen an der beschädigten Wasserversorgung vor.

Oxfams Unterstützung in Aufnahmeländern

Oxfam unterstützt syrische Geflüchtete in Jordanien unter anderem mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Einkommenshilfen und baut Duschen und Latrinen. Viele Maßnahmen kommen auch den lokalen Gemeinden zugute, die Geflüchtete bei sich aufgenommen haben.

Seit Ausbruch der Krise haben wir in der Region mehr als 2,5 Millionen Menschen erreicht. In Syrien, im Libanon und in Jordanien sind jedoch noch weitaus mehr Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, weshalb Oxfam auch in den nächsten Jahren trotz der großen Herausforderungen seine Arbeit vor Ort fortsetzen wird.  

Europas Unterstützung ist gefragt

Wohlhabende und einflussreiche Länder in Europa und weltweit müssen mehr zum Schutz von Geflüchteten leisten und sollten:

  • ihre Hilfsleistungen erhöhen,
  • mehr syrische Geflüchtete aufnehmen,
  • keine Waffen an Konfliktparteien liefern und
  • ihre diplomatischen Anstrengungen zu einer friedlichen Beendigung des bewaffneten Konflikts verstärken.

*Name zum Schutz der Person geändert oder gekürzt.

Syrien: Ihre Unterstützung ist wichtiger denn je!

Ein Jahrhundert-Erdbeben hat die syrische Bevölkerung getroffen, die durch 12 Jahre Krieg, Flucht, Armut und Hunger bereits extrem belastet ist. Angesichts der wachsenden Not wollen wir noch mehr Menschen mit Trinkwasser, Nahrung und anderen lebenswichtigen Dingen versorgen.